Aufgedeckt: Fruchtbarkeitsprobleme können offenbar auf Veränderungen der Cylicine zurückgeführt werden. Wie sich das auf die Spermienstruktur auswirkt, lest ihr hier.
Die Form der Spermien ist einzigartig und das Zytoskelett enthält spezielle, nur in Spermien vorkommenden Proteinen. Dieses Zytoskelett sorgt für die stabile Verbindung der einzelnen Teile des Spermiums. In Bereich des Spermienkopfs befindet sich die perinukleäre Theca (PT) – eine Zytoskelettstruktur, welche den Spermienkopf umschließt. Cylicin 1 und Cylicin 2 sind dort lokalisiert. Die Rolle dieser Proteine war bisher noch nicht untersucht worden.
„Da Cylicine bei Mäusen und Menschen sehr ähnlich sind, ermöglicht unsere Studie an Mäusen, auch mehr über die menschliche Spermienentwicklung zu erfahren“, sagt Korrespondenzautor Prof. Hubert Schorle. „Wir erhofften uns Einblicke in das komplexe Netzwerk von Faktoren, das die Spermienentwicklung und damit auch die männliche Fruchtbarkeit steuert.“
Um herauszufinden, wo Cylicine in der Spermiogenese benötigt werden, hat die Forschungsgruppe um Schorle Mäuse erzeugt und untersucht, die kein Cylicin 1 und / oder Cylicin 2 mehr produzieren können. „Männliche Mäuse, denen Cylicin 1 fehlte, erzielten weniger Schwangerschaften und kleinere Würfe, wenn sie mit gesunden Weibchen gepaart wurden“, sagt Erstautor Dr. Simon Schneider.
Erstautorin Andjela Kovacevic, die in der Arbeitsgruppe von Schorle promoviert, ergänzt: „Fehlen zwei oder mehr Kopien der Cylicine, sind die männlichen Mäuse unfruchtbar: Die Paarung führte zu keinen Schwangerschaften.“ Die Ursache für die beobachtete Unfruchtbarkeit ist, dass die Spermienköpfe kleiner und die Akrosomen beschädigt sind. Zudem sind die Schwänze eingerollt und um den Spermienkopf gewickelt, was die Beweglichkeit der Spermien massiv einschränkt. Die Forscher fanden heraus, dass bei diesen Spermien ein Bereich der PT, der Calyx genannt wird, fehlt. „Das deutet darauf hin, dass die Cylicine für diese Spermienstruktur wesentlich sind“ sagt Schorle.
Die Forscher wollten herausfinden, ob Fruchtbarkeitsprobleme beim Menschen auch zum Teil auf Veränderungen der Cylicine zurückzuführen sind. So konnte ein Patient identifiziert werden, der Gen-Varianten im Cylicin1- und Cylicin2-Gen aufweist.
Seine Spermien haben Defekte der Kopf- und Schwanzstruktur. Der Patient ist nicht in der Lage, ein Kind zu zeugen. „Aufgrund dieser Ergebnisse sollte bei männlicher Unfruchtbarkeit auch ein Test auf Gen-Varianten von Cylicinen in Betracht gezogen werden“, sagt Schorle, der aber auch eine hoffnungsvolle Botschaft für Betroffene hat: „Da ‚nur’ das Gerüst des Spermiums nicht korrekt gebildet werden kann, könnte der Versuch, den Spermienkopf und damit des Erbmaterials in eine Eizelle zu verpflanzen, erfolgreich sein.“
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung des Universitätsklinikum Bonn. Die Originalpublikation haben wir euch hier verlinkt.
Bildquelle: Osarugue Igbinoba, Unsplash