Knieoperationen am Meniskus sind heikel, denn sein Gewebe wird nur teilweise mit Blut versorgt. Forscher erstellen jetzt eine dreidimensionale Karte durch das Gefäßgeflecht – und wollen so die Risiken der Operation senken.
Verletzungen im Kniegelenk können zu schmerzvollen Geduldsproben bei Diagnostik und Therapie führen. Ein nicht trivialer Mitspieler im anatomischen Orchester des zusammengesetzten Gelenks ist der Meniskus. Forscherinnen der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) erstellen jetzt eine 3D-Landkarte des Knorpels. Mit 3D-Modellen, die auf Mikro-Computertomographie-Analysen im Labor beruhen, kartieren sie das Blutgefäßnetzwerk des Meniskusknorpels im Nanometerbereich.
Als Gleitkissen dämpft der Meniskus Erschütterungen und ermöglicht die reibungslose Bewegung zwischen Ober und Unterschenkel. Allerdings sind die beiden Menisken pro Knie anfällig für Verschleiß und Verletzungen. So weist etwa jedes dritte Knie in der Bevölkerung ab 40 Jahren einen deutlichen Meniskus-Verschleiß auf und rund 15 Prozent aller Unfälle des Kniegelenks betreffen den Meniskus.
Soll zur Behandlung ein operativer Eingriff am Knie erfolgen, ist der Meniskus grundsätzlich kein dankbarer Kandidat, denn sein Gewebe wird nur in bestimmten Abschnitten mit Blut versorgt. Für gute Heilungschancen ist eine genaue Kenntnis dieses wertvollen Gefäßgeflechts hilfreich. Bislang basieren die Informationen allerdings auf zweidimensionalen Bildern von Gewebeschnitten. Hierdurch gehen wertvolle Daten – etwa zur Verformbarkeit des Knorpels oder zur Vernetzung der Gefäße – verloren.
„Wir wollen eine dreidimensionale Landkarte durch den Meniskus in hoher Präzision erstellen“, erklärt Federica Orellana vom Center for X-ray Analytics der Empa in der Schweiz. Dies könne die Behandlung optimieren und maßgeschneiderte Therapien im Sinne einer personalisierten Medizin ermöglichen, so die Biophysikerin.
Das Team um Federica Orellana und Projektleiterin Annapaola Parrilli strebt dabei eine Genauigkeit an, die mit Apparaturen in Kliniken bisher nicht zu erreichen ist. Gegenüber einer Auflösung im Millimeterbereich bei einer klinischen Computertomographie (CT), sollen die Mikro- und Nano-Computertomographen der Empa-Labors sogar die Mikrometergrenze unterschreiten, heißt es in einer Pressemitteilung. Aus diesen radiologischen Aufnahmen erstellen die Forscherinnen mathematische Modelle, mit denen sich die Dichte, die Struktur, die biomechanische Verformbarkeit und das Gefäßnetz des Knorpels im Raum erfassen und kartieren lassen.
Erste Computersimulationen zeigen die verästelten Äderchen im Meniskus bereits in vielversprechender Präzision. Die Mikro-CT-Bilder übermitteln die strukturelle Komplexität des Gewebes und erlauben in den mathematischen Modellierungen auch weitere Informationen wie die Porosität oder wie stark die Blutgefäße gewunden sind.
Derzeit arbeitet Orellana an einem 3D-Atlas mit gesunden Meniskus-Gewebeproben. In einem nächsten Schritt werden CT-Aufnahmen von Verletzungen und Abnutzungen aller Art in die Modelle integriert. So könnten Betroffene direkt während einer Untersuchung essenzielle Informationen zum Selbstheilungspotenzial des Gewebes erhalten und die Strategien für eine individuelle Behandlung könnte optimiert werden. Dabei, so betont die Biophysikerin, solle die 3D-Landkarte sowohl für Unfallpatienten als auch bei Abnutzungsprozessen im Alter eingesetzt werden können.
Der Beitrag basiert auf einer Pressemitteilung der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt.
Bildquelle: Heidi Fin, Unsplash