Hypertoniker sollten einen Bogen um Pseudoephedrin machen, verwirrende Rote-Hand-Briefe flattern in Hausarztpraxen und die Zahl vermeidbarer Krankenhausaufenthalte ist außergewöhnlich hoch. Diese und weitere News hier im Schnelldurchlauf.
In der Erkältungssaison verkaufen sich Kombipräparate mit Pseudoephedrin in der Apotheke wie geschnitten Brot – jetzt sollen bestimmte Risikopatienten sie aber künftig nicht mehr einnehmen. Denn die Anwendung von Pseudoephedrin kann das Risiko für ein posteriores reversibles Enzephalopathiesyndrom (PRES) und ein reversibles zerebrales Vasokonstriktionssyndrom (RCVS) erhöhen. So das Ergebnis einer Sicherheitsüberprüfung des EMA-Ausschusses.
Konkret sollen Arzneimittel mit Pseudoephedrin tabu sein für Patienten mit schwerem oder unkontrolliertem (nicht behandeltem oder therapieresistentem) Bluthochdruck oder mit schweren akuten oder chronischen Nierenerkrankungen oder Nierenversagen, so die neue Empfehlung der EMA. Im nächsten Schritt sollen die Produktinformationen der betroffenen Präparate entsprechend ergänzt werden.
PRES und RCVS sind seltene Krankheitsbilder, bei denen es zu einer verminderten Blutzufuhr zum Gehirn (Ischämie) kommt, die lebensbedrohlich sein kann. Wird die Diagnose rechtzeitig gestellt und rasch behandelt, sind sie aber reversibel. Häufige Symptome können starke Kopfschmerzen, Übelkeit, Krampfanfälle und Sehstörungen sein. Patienten sollten darauf hingewiesen werden, die Behandlung sofort abzubrechen, wenn sich Anzeichen für PRES oder RCVS zeigen.
Hausärzte sind verwirrt: Ein Aufruf mit dem Titel „Haftungsrisiko für Ärzte wegen DNA-Verunreinigungen in mRNA-basierten COVID-19-Impfstoffen“ flattert in die deutschen Arztpraxen – inklusive Logo der Rote-Hand-Briefe. Auf den ersten Blick eine ernstzunehmende Sache, denn in dem Fax wird Ärzten suggeriert, sie würden ihre Patienten einer erheblichen Gefahr aussetzen und wegen einer Aufklärungspflichtverletzung haften, sollten sie weiterhin mRNA-basierte COVID-19-Impfstoffe verimpfen.
Es handelt sich hierbei aber nicht wirklich um eine Warnung seitens öffentlicher Stellen, sondern um eine bewusste Täuschung, so ein Statement der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM). „Die DEGAM kritisiert diese Irreführung scharf und lehnt den Versuch als unverantwortlich ab, die von Patientinnen und Patienten gewünschten Corona-Auffrischungs-Impfungen pauschal zu verunglimpfen.“ Auch die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) prüft aktuell interne rechtliche Maßnahmen, schreibt die Deutsche Apotheker Zeitung. Auch das Paul-Ehrlich-Institut hat eine Stellungnahme veröffentlicht: „Das Schreiben ebenso wie die dort abgeleiteten Schlussfolgerungen sind falsch. Der Aufruf stellt keine behördlich geprüfte und autorisierte Information dar, sondern dient der Verunsicherung durch gezielte Desinformation. Das Paul-Ehrlich-Institut bittet darum, dem falschen Aufruf nicht Folge zu leisten. Das Rote-Hand-Brief-Zeichen (RHB) wurde ohne Autorisierung des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI) verwendet. Das Paul-Ehrlich-Institut betont ausdrücklich, dass – auch in internationaler Übereinstimmung – der Nutzen von COVID-19-mRNA-Impfstoffen gegenüber möglichen Risiken deutlich überwiegt.“
Hinter der angeblich vorsätzlichen Täuschung steckt wohl die private GmbH Medizinischer Behandlungsverbund (MBV), die mit der Website „Corona Impfschaden Hilfe“ bereits mehrfach aufgefallen ist. Das Schreiben wurde unterzeichnet von Dr. Andreas Sönnichsen als Leiter und Markus Bönig als Geschäftsführer der MBV – beide sind ihrerseits einschlägig bekannt, vor allem in Sachen Impfunfähigkeitsbescheinigung.
Die Zahl der vermeidbaren Krankenhausaufenthalte in Deutschland ist eine Wucht. Bis zu 1,3 Millionen Krankenhausaufenthalte von Pflegebedürftigen pro Jahr wären nicht nötig, wenn die Betroffenen eine bessere und frühzeitige ambulante Versorgung erhalten würden. So lauten die aktuellen Ergebnisse des Barmer-Pflegereports 2023, der am Dienstag (5. Dezember 2023) veröffentlicht wurde.
Zwischen den Jahren 2017 und 2022 waren monatlich im Schnitt rund 280.000 Pflegebedürftige und kurz vor der Pflegebedürftigkeit stehende Patienten in einer Krankenhausbehandlung. Dazu zählen besonders häufig Patienten mit schweren, aber gut behandelbaren chronischen Erkrankungen wie Herzinsuffizienz (monatl. 15.900 Fälle) und Typ-2-Diabetes (monatl. 4.000 Fälle). Aber auch akute Austrocknung ist nicht selten ein Grund für die Aufnahme in die stationäre Versorgung.Credit: Barmer-Pflegereport 2023
Weitere wichtige Zahlen aus dem aktuellen Pflegereport im Überblick:
Damit sich die Versorgung verbessert, sollten die Kliniken die Kranken- und Pflegekassen regelhaft informieren, sobald klar sei, wann ein Patiententlassen werde, sagte Straub. Das Stichwort ist hier digitalerDatenaustausch.
Die Bundesregierung ist sich der Problematik bewusst – im Zuge der geplanten Krankenhausreform will Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) einen Elf-Punkte-Plan zur Stärkung einer sektorenübergreifenden Zusammenarbeit liefern. Abhilfe schaffen soll auch das kommende Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) – es zielt vor allem darauf ab, in sozial oder strukturell benachteiligten Regionen Gesundheitskioske und Primärversorgungszentren zu ermöglichen.
Im vergangenen Jahr hat die EMA den ersten Impfstoff gegen das Dengue-Virus zugelassen. Nun zog die STIKO nach und sprach am 7. November 2023 eine Empfehlung für den Impfstoff Qdenga® der Firma Takeda aus – allerdings mit einigen Einschränkungen.
Bei dem Impfstoff handelt es sich um einen tetravalenten Lebendimpfstoff, der gegen alle vier der Dengue-Serotypen schützen soll. Da es sich um einen Lebendimpfstoff handelt, ist die Anwendung bei Schwangeren, Stillenden und Menschen mit eingeschränktem Immunsystem kontraindiziert. Darüber hinaus wird die Impfung nicht empfohlen für alle Menschen, die noch nie eine Dengue-Infektion durchgemacht haben. Der Grund dafür ist das sogenannte Antibody Enhancement (ADE). Eine erste Dengue-Infektion verläuft meistens nur mit milden Symptomen. Darauffolgende Infektionen nehmen meist in ihrer Schwere zu, vermutlich, weil die vorhandenen Antikörper den Zelleintritt des Dengue-Virus erleichtern. Laut STIKO gibt es aktuell keine ausreichenden Daten, um auszuschließen, dass auch eine Impfung mit Qdenga® zu einem ADE führen und somit spätere Infektionen verschlimmern kann. Zudem konnte bei Dengue-Naiven nach einer Impfung kein Schutz für die Serotypen Dengue-3 und Dengue-4 nachgewiesen werden.
Aus diesem Grund empfiehlt die STIKO eine Impfung nur für Menschen, die entweder in endemische Gebiete reisen oder gezielte Arbeiten mit dem Dengue-Virus durchführen (etwa Laborpersonal), die bereits eine labordiagnostisch gesicherte Dengue-Infektion durchgemacht haben. Dabei reicht als Nachweis eine anamnestische Angabe, da von einem serologischen Nachweis abgeraten wird, denn die aktuellen Tests weisen keine ausreichend hohe Sensitivität auf. Zudem sei nicht bekannt, ab welchem Antikörper-Titer ein erhöhtes ADE-Risiko besteht.
Die Impfung wird für Personen ab 4 Jahren empfohlen und in zwei Dosen im Abstand von drei Monaten verabreicht. Sie kann gemeinsam mit der Reiseimpfung gegen Hepatitis A und dem Gelbfiebervirus gegeben werden. Ob irgendwann eine Auffrischungs-Impfung nötig ist, sei noch nicht klar, da diese Daten noch erhoben werden müssten.
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