Semaglutid bei Diabetes, bei Übergewicht – und bald auch bei Herz-Problemen? Wissenschaftler zeigen jetzt, wie sich das Antidiabetikum auf die Herzgesundheit auswirken könnte.
Semaglutid, das Antidiabetikum, das auch zur Gewichtskontrolle eingesetzt wird, reduziert bei Menschen ohne Diabetes nachweislich das Risiko schwerer kardiovaskulärer Ereignisse um bis zu 20 Prozent. Das unter den Namen Ozempic, Wegovy und Rybelsus bekannte Medikament wurde von Novo Nordisk entwickelt und kann durch subkutane Injektion oder oral verabreicht werden. Zuvor hatte sich gezeigt, dass es das Risiko kardiovaskulärer Ereignisse bei Patienten mit Diabetes senkt, aber neuere Daten belegen auch die kardiovaskulären Vorteile bei Menschen ohne Diabetes.
Die Studie zu Semaglutide Effects on Heart Disease and Stroke in Patients with Overweight or Obesity, kurz SELECT (NCT03574597), ist eine der größten kardiovaskulären Outcome-Studien auf dem Gebiet Adipositas mit mehr als 17.000 eingeschriebenen Teilnehmern. Die Studie vergleicht die Auswirkungen von Semaglutid im Vergleich zu einem Placebo in Bezug auf schwerwiegende kardiologische Ereignisse. Dr. Donna Ryan, emeritierte Professorin am Pennington Biomedical Research Center, war gemeinsam mit Dr. Michael Lincoff von der Cleveland Clinic Vorsitzende des Lenkungsausschusses für die SELECT-Studie.
Mit der Studie wurde zum ersten Mal nachgewiesen, dass ein Medikament zur Gewichtsabnahme auch das Auftreten von Herzinfarkt, Schlaganfall und Tod verringert. Mehr als 800 klinische Einrichtungen in 41 Ländern waren daran beteiligt. An der doppelblinden, randomisierten, placebokontrollierten Studie nahmen Teilnehmer ab 45 Jahren mit einer Vorgeschichte von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und einem Body-Mass-Index von 27 oder mehr teil, die jedoch nicht an Diabetes litten. Die Daten der Studie zeigten, dass das Medikament bei den Teilnehmern, die eine wöchentliche subkutane Dosis von 2,4 mg Semaglutid erhielten, zu einer Verringerung der Inzidenz von Todesfällen aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, nicht tödlichen Herzinfarkten oder nicht tödlichen Schlaganfällen führte.
„Semaglutid hat eine neue Ära von Medikamenten zur Gewichtsreduktion eingeläutet“, sagte Ryan, „und die Ergebnisse der SELECT-Studie zeigen, dass sein Nutzen über die Behandlung von Fettleibigkeit hinausgeht. Mit einer signifikanten Verringerung des Auftretens von Herzkrankheiten, Schlaganfällen und anderen unerwünschten kardiovaskulären Ereignissen erweist sich dieses Medikament als ein neuer Weg, um die Folgen von Fettleibigkeit und Diabetes zu bekämpfen.“
In einer früheren Studie, wurden die Teilnehmer nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen eingeteilt: in eine Gruppe mit intensiver Lebensstilintervention mit Diät und Bewegung oder in eine Kontrollgruppe. Die Studie ergab eine 6-prozentige Gewichtsreduktion nach 10 Jahren intensiver Lebensstilintervention, die jedoch nicht ausreichte, um die Häufigkeit von Todesfällen im Vergleich zur Kontrollgruppe (3,5-prozentiger Gewichtsverlust) zu verringern. Bis vor kurzem war keine Studie zu Lebensstilinterventionen oder Medikamenten gegen Fettleibigkeit in der Lage, eine langfristige Gewichtsreduzierung zu erreichen, die sich der 10-Prozent-Schwelle annähert. Die SELECT-Studie hat gezeigt, dass ein langfristiger Gewichtsverlust von annähernd 10 Prozent mit einer 20-prozentigen Verringerung von MACE verbunden ist.
„Gewichtsreduzierung ist mehr als eine Frage des Körperbildes“, sagte Dr. Philip Schauer, Direktor des Metamor Institute, eines an Pennington Biomedical angeschlossenen Zentrums für die Behandlung von Fettleibigkeit und Diabetes. „Die Daten der SELECT-Studie zeigen, dass ein Gewichtsverlust von annähernd 10 Prozent des Körpergewichts, der durch Semaglutid oder andere Methoden wie bariatrische Chirurgie erreicht wird, die kardiovaskuläre Morbidität verringern und Leben retten kann. Diese Nachricht könnte den Druck auf die Versicherer erhöhen, Adipositas-Behandlungen zu übernehmen, die einen erheblichen Gewichtsverlust bewirken und Leben retten.“
Eine Einschränkung der Studie besteht darin, dass sie nur Patienten mit schon bestehenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen und -Ereignissen einschloss. Die Auswirkungen von Semaglutid auf die Primärprävention von Herz-Kreislauf-Ereignissen bei übergewichtigen oder fettleibigen Personen, die noch keine Herz-Kreislauf-Erkrankungen hatten, wurden nicht untersucht.
Dr. John Kirwan, Executive Director von Pennington Biomedical: „Die Ergebnisse der SELECT-Studie zeigen, dass innovative medikamentöse Therapien die Zukunft prägen werden, indem sie die Gesundheit von Diabetikern verbessern, die Gewichtsabnahme von Fettleibigen fördern und jetzt auch die unerwünschten kardiovaskulären Ereignisse bei Risikopatienten verringern. […]“
Befangenheit: Dr. Donna Ryan erhielt Beratungsgebühren von unter anderem Novo Nordisk A/S sowie Zahlungen oder Honorare für Vorträge, und Bildungsveranstaltungen.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung des Pennington Biomedical Research Center. Hier gehts zur Originalstudie.
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