Für Menschen mit infarktbedingtem kardiogenem Schock gibt es nicht viele Behandlungsmöglichkeiten – und die, die es gibt, sind unsicher. Könnte eine zusätzliche ECMO Abhilfe schaffen?
Genauso lange erwartet wie die neue ACS-Leitlinie und auf dem Kongress der europäischen Gesellschaft für Kardiologie vorgestellt, sind die Ergebnisse des ECLS Schock Trials jetzt verfügbar. Schon seit einigen Jahren ist ja ECMO ein absolut heißes Topic in der Notfallmedizin, auch wir bei dasfaom sind natürlich grundsätzlich davon überzeugt, dass die richtige Indikation beim richtigen Patienten zur ECMO-Anwendung lebensrettend sein kann.
Unter anderem im Arrest-Trial von 2020 (nicht mit dem aktuellen ARREST aus London von 2023 verwechseln) konnte für Kammerflimmern bzw. Kammertachykardie nachgewiesen werden, dass damit Überleben und neurologisches Ergebnis signifikant verbessert werden konnten. In einer groß angelegten Studie wollten sich das jetzt Holger Thiele aus Leipzig und Kollegen auch für den kardiogenen Schock anschauen. Auch hier war die Hoffnung groß, dass sich dieser Effekt ebenfalls nachweisen lässt.
Auch wenn das Ergebnis sich mittlerweile schon rumgesprochen hat, wollen wir uns erst einmal anschauen, was tatsächlich untersucht wurde. Die Behandlung von Menschen mit infarktbedingtem kardiogenem Schock beschränkt sich aktuell einzig auf die interventionelle oder operative Revaskularisation des zugrundeliegenden Verschlusses. Bei einer rund 50%igen Sterblichkeit dieser Entität werden alle Möglichkeiten der optimierten Versorgung genutzt. Insbesondere die mechanischen Unterstützungssysteme wurden in den letzten Jahren mit großer Hoffnung auf Verbesserungen herangezogen.
Wir erinnern uns noch an die intraaortale Ballonpumpe (IABP), die mittlerweile auch aufgrund schlechter Studien-Ergebnisse kaum mehr eingesetzt wird. Aktuell ist – gerade nach den Erfahrungen der COVID-Pandemie – sicher die häufigste Methode die veno-arterielle ECMO, bisher allerdings nicht mit ausreichender Evidenz untermauert. Das wurde jetzt versucht in einer großen Multicenter Studie randomisiert nachzuweisen.
420 Patienten mit kardiogenem Schock aufgrund eines Myokardinfarktes und geplanter Revaskularisation wurden eingeschlossen und randomisiert. Therapieoptionen waren entweder die Versorgung mit umgehenden ECLS plus übliche medikamentöse Therapie, oder einfach nur die übliche medikamentöse Therapie ohne ECLS als Kontrollgruppe.
Primärer Endpunkt war die Mortalität nach 30 Tagen. Sekundäre Endpunkte waren die Zeit bis zur hämodynamischen Stabilisierung, Dauer des Intensivaufenthaltes, Auftreten eines akuten Nierenversagens mit Nierenersatztherapie, wiederholter Myokardinfarkt und die Re-Hospitalisierung aufgrund einer erneuten kardialen Dekompensation. Weitere sekundäre Endpunkte waren quantitative Marker der Katecholamintherapie sowie der Beatmung und das neurologische Outcome nach 30 Tagen.
Um es kurz zu machen: Bezüglich des primären Endpunktes unterscheiden sich beide Gruppen nicht, auch die sekundären Endpunkte sprechen – wenn überhaupt – für ein konservatives Vorgehen ohne mechanische Kreislaufunterstützung. Im kardiogenen Schock lohnt es sich also aktuell nicht, die Patienten zusätzlich mit einer ECMO schützen zu wollen. Ganz im Gegenteil: es führt eher zu einer erhöhten Komplikationsrate. Auch wenn hochgradig publiziert nicht unbedingt immer hochgradig qualitativ bedeutet, kann man in diesem Fall doch von einer extrem gut durchgeführten multizentrischen Studie ausgehen. Die Charakteristika der Patientenkollektive unterschieden sich praktisch nicht. Auch eine Einschlussrate von fast 50 % bei solch einer komplexen Fragestellung und seinem schwierigen Patienten-Klientel ist sicher sehr gut.
Der Routineeinsatz von ECMO im kardiogenen Schock aufgrund eines Myokardinfarktes ist sicher nicht indiziert und bleibt Einzelfällen vorbehalten, z. B. eine therapierefraktäre VT. Wie so oft ist in der Notfallmedizin – auch wenn wir uns sehr viel von neuen Interventionen versprechen – weniger oft mehr. Ein weiterhin gültiger Grundsatz.
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