Junge Männer mit Hodentumoren haben oft eine gute Prognose, weil die Erkrankung sensibel auf eine Chemotherapie reagiert. Ein Teil der Tumoren kann sich allerdings den Standardtherapien entziehen. Lest hier mehr.
Tumoren des Menschen entstehen grob aus fünf verschiedenen Zellarten: den Oberflächenzellen (z. B. Dickdarm oder Lunge), den Zellen des Binde- und Stützgewebes (z. B. Muskel- und Fettgewebe), den blutbildenden Zellen (z. B. Entzündungszellen), den Zellen des Zentralnervensystems (z. B. Gehirn und Rückenmark) und den Keimzellen. Aus letzteren entstehen beim jungen Mann Hodentumoren. In der Regel sind diese Tumoren mittels Standardtherapien auch in fortgeschrittenen Stadien heilbar. In einigen Fällen kommt es allerdings zu Resistenzmechanismen gegenüber der Cisplatin-basierten Standardtherapie.
Klinisch haben diese Patienten eine schlechte Prognose mit einer 5-Jahres-Überlebensrate von nur 50–60 %. In der aktuellen Literatur wird unter anderem die Entwicklung einer sogenannten somatischen Malignität (Somatic-Type Malignancy, STM) für die Entstehung einer Therapieresistenz in Keimzelltumoren diskutiert. Bei dieser STM differenzieren die Hodentumorzellen in Richtung eines Teratoms und dann weiter in Tumoren, die morphologisch Tumoren einer der fünf zuvor genannten Zellarten gleichen. So kann es z. B. sein, dass in einem Hodentumor ein Weichgewebstumor entsteht, der eigentlich in Binde- und Stützgewebe vorkommt oder aber auch ein epithelialer Tumor der z. B. im Dickdarm oder der Lunge vorkommt.
Schematische Darstellung des Weges der Therapieflucht bei Hodentumoren. Aus einem Stammzell-ähnlichen Tumor (embryonales Karzinom) können sich Dottersacktumoren (links) oder Teratome (rechts) entwickeln. Credit: Dr. Felix Bremmer.
Da es an spezifischen Behandlungsstrategien mangelt, sind weitere Untersuchungen zu den Entstehungs- und Entwicklungsprozessen der STM sowie zur Identifizierung möglicher therapeutischer Angriffspunkte erforderlich. In der aktuellen Studie wurden die molekularen und (epi)genetischen Merkmale von Teratomen mit Ausbildung einer STM hinsichtlich der Mutationslast, DNA-Methylierung und ihres Proteinprofils charakterisiert.
Die Forscher konnten zum ersten Mal zeigen, dass auf molekularer Ebene aggressiv-wachsende epitheliale STM-Tumoren eher Dottersacktumoren (einem weiteren Hodentumor-Subtyp) ähneln, während die STM-Tumoren des Binde- und Stützgewebes einem Teratom ähneln. Damit kann bei Patienten anhand des initial vorliegenden Hodentumors (Dottersacktumor oder Teratom), das Risiko der Entwicklung eines STM-Subtyps abgeschätzt werden.
Darüber hinaus konnten häufige Mutationen sowie entscheidende molekulare und epigenetische Mechanismen identifiziert werden, die zur Therapieresistenz von STM/Hodentumoren beitragen. Daraus können neuen Therapien für die betroffenen jungen Männer abgeleitet werden, die entweder die Tumorzellen abtöten oder die Therapieresistenz überwinden. Abschließend konnten neue STM-Biomarker identifiziert werden, die möglicherweise eine frühe Erkennung der STM aus einer Patientenblutprobe erlauben.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der Wilhelm-Sander-Stiftung. Die Studie haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: YUSUF ARSLAN, Pexels