Parkinson kann bei Betroffenen höchst individuell verlaufen. Jetzt gibt es erstmals Hinweise auf bestimmte Subtypen der Erkrankung – sie könnten eine verbesserte Therapie ermöglichen.
Die Parkinson-Krankheit (PD) ist in Deutschland mit einer Prävalenz von 150 auf 100.000 Einwohner die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung. Trotz intensiver Forschung ist sie nach wie vor unheilbar und lässt sich nur symptomatisch behandeln. Hinzu kommt, dass der Krankheitsverlauf bei Betroffenen stark variieren kann, was Prognose und Therapie erschweren. Möglicherweise schlägt nicht jede Behandlung bei jedem Patienten an, weil es neben den bekannten Formen auch noch weitere Subtypen der Erkrankung gibt. Eine deutsche Studie hat diese Hypothese jetzt genauer untersucht.
Die Studie, die bisher nicht dem Peer Review unterzogen wurde, basiert auf Daten von drei großen Parkinson-Kohorten und verwendete maschinelles Lernen, um schnell und langsam voranschreitende Verlaufstypen zu differenzieren. Es nahmen 1.124 Patienten teil, deren Erkrankungsverlauf anhand klinischer Scores, Bildgebung und Biomarkern charakterisiert wurde. Die Ergebnisse zeigten unterschiedliche Progressionsmuster in allen untersuchten Merkmalen. Daraus konnten die Forscher Modelle erstellen, die den Verlaufstyp robust vorhersagten (ROC-AUC: 0,79). Auch in anderen Kohorten konnten die Typen vorhergesagt werden und die Ergebnisse damit validieren. Für die weitere Forschung sind die Ergebnisse auch deswegen interessant, weil die Anreicherung klinischer Studienkohorten mit Patienten mit schnellem Verlauf die erforderliche Kohortengröße um 43 % reduzieren kann. Das zeigten Simulationen des Modells.
Interessanterweise stimmen die Ergebnisse mit dem Konzept „Brain-First“ oder „Body-First“ überein. Dieses bereits bekannte Konzept liefert eine biologische Erklärung für unterschiedliche Verlaufsformen: Je nachdem, wo die Parkinson-typischen α-Synuclein-Ablagerungen ihren Ursprung haben, breiten sie sich unterschiedlich aus. Der schnell fortschreitende Verlaufstyp ähnelt dem Body-First-Subtyp mit höherem Anteil an Gangstörungen, Parkinson-spezifischen REM-Schlaf-Verhaltensstörungen (RBD), schwereren nichtmotorischen Symptomen, mehr Hyposmie und frühen kognitiven Störungen. Der langsam fortschreitende Verlaufstyp ähnelt dem Brain-First-Subtyp mit anfänglich asymmetrischer Krankheitsausprägung und später auftretenden RBD. Ähnliche Muster wurden in Bildgebung beobachtet.
„Die Ergebnisse verbessern nicht nur das Verständnis der biologischen Heterogenität der PD, sondern zeigen auch das Potenzial einer digitalen, sensorbasierten Ganganalyse für ein präzises Verlaufs- und Therapiemonitoring“, erklärt Dr. Tom Hähnel, Erstautor der Studie. „Medikamentendosierungen könnten frühzeitig individuell angepasst werden, und die Optimierung des klinischen Studiendesigns könnte die Effektivität neuer Therapien schneller überprüfen.“
Die Studie wird am 11. November auf dem Kongress der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) vorgestellt. Die DocCheck News sind für euch vor Ort und greifen noch mehr heiße Themen für euch ab. Stay tuned!
Bildquelle: erstellt mit Midjourney