Multiresistente Erreger sind eine zunehmende Bedrohung – besonders in Krankenhäusern. Nun zeigt sich, dass diese Resistenzen auf nur auf wenigen, spezifischen Mutationen basieren.
Acinetobacter baumannii ist ein weltweit verbreitetes gramnegatives Bakterium, das auf Intensivstationen immer wieder zu Infektionsausbrüchen führt und insbesondere für Patienten mit einem geschwächten Immunsystem und schweren Grunderkrankungen eine ernsthafte Gefahr darstellt: Es kommt zu beatmungsassoziierten Lungenentzündungen, Blutstrominfektionen, Haut- und Weichgewebsinfektionen, Hirnhautentzündungen sowie Harnwegsinfektionen.
Das Bakterium kann bei nicht optimal durchgeführten Hygienemaßnahmen auf Krankenhausmobiliar oder der Bettwäsche überleben und so von Patient zu Patient übertragen werden. Außerdem ist der Erreger in der Lage, rasch neue Antibiotika-Resistenzen zu entwickeln – auch gegen Carbapeneme. Carbapeneme sind Breitspektrum-Antibiotika aus der Gruppe der Betalaktame, die gegen eine große Anzahl an krankmachenden Bakterien wirksam sind. Das stellt zunehmend ein großes Problem für die öffentliche Gesundheit dar, denn Carbapeneme galten lange Zeit als Reserveantibiotika gegen Acinetobacter baumannii; ohne diese Wirkstoffe bleiben oft wenige bis gar keine Therapiemöglichkeiten.
Bereits 2017 gab die WHO eine Liste von zwölf multiresistenten Krankheitserregern heraus, für die dringend neue Wirkstoffe benötigt werden. Unter den drei Erregern mit der höchsten Priorität ist auch das Carbapenem-resistente Bakterium Acinetobacter baumannii (CRAB). Der Großteil dieser Erreger geht auf wenige erfolgreiche Abstammungslinien zurück. Dieses Phänomen wird durch internationale Patiententransporte und Migration verstärkt. 2010 wurde bereits an der Universität zu Köln eine weltweite Sammlung von CRAB hinsichtlich ihrer molekularen Epidemiologie untersucht. Dabei konnten acht größere, weltweit verteilte Gruppen namens „internationale Klone mit hohem Risiko (ICs)“ ausgemacht werden.
Forscher des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) an der Universität zu Köln haben nun eine Aktualisierung der damaligen Studienergebnisse zur molekularen Epidemiologie von CRAB erhoben und klinische Proben von 313 Isolaten des Bakteriums aus 114 Studienzentren in 47 Ländern und fünf Weltregionen (Afrika, Asien, Europa, Latein- und Nordamerika) untersucht, die zwischen 2012 und 2016 gesammelt wurden. Die Anzahl der Isolate war dabei proportional zur Bevölkerungsgröße in dem jeweiligen Land.
Zunächst wurde folgende Fragestellung untersucht: Welche Carbapenem-Resistenz-vermittelnden Gene sind in den Isolaten vorhanden und wie sind diese innerhalb der Sammlung verteilt? Dazu wurde bei allen 313 Isolaten im Labor zunächst die Spezies Acinetobacter baumannii, das Vorhandensein von Resistenzgenen und schließlich die Resistenz gegen Carbapeneme bestätigt. Das Genom der so qualifizierten Isolate wurde schließlich per Whole Genome Sequencing (WGS) sequenziert. Anhand dessen konnten die Wissenschaftler die Isolate mittels verschiedener Typisierungsmethoden den unterschiedlichen ICs zuordnen.
Durch die Studie wurde bestätigt, dass sich CRAB weltweit größtenteils den acht bekannten Verwandtschaftsgruppen, den ICs, zuordnen lassen. Erstmalig trat eine neunte Gruppe (IC9) in Erscheinung. IC2 ist die am weitesten verbreitete Gruppe und auf jedem Kontinent zu finden, ihre Häufigkeit hat gegenüber 2010 deutlich zugenommen. CRAB-Isolate, die in zunächst völlig voneinander unabhängigen Regionen, z. B. Brasilien und Polen, bei Patienten isoliert wurden, lassen sich also einer Familiengruppe zuordnen. Auch haben sich regionale Besonderheiten gezeigt, beispielweise ist IC5 in Latein- und Südamerika vorherrschend.
„Weltweit geht von dem Carbapenem-resistenten Bakterium Acinetobacter baumannii eine große Bedrohung aus, insbesondere für schwerkranke Patienten auf Intensivstationen. Bei einer Infektion stellt die Auswahl eines geeigneten Medikaments wegen der bestehenden Resistenzen eine Herausforderung dar. Neben der Suche nach neuen Wirkstoffen müssen wir alles daransetzen, die erforderlichen Hygienemaßnahmen in der Klinik einzuhalten, um eine weitere Verbreitung der gefährlichen Erreger zu vermeiden“, so eine der beiden Erstautorinnen der Studie, Carina Müller von der Universität zu Köln.
Dieser Beitrag basiert auf einer Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung. Die Originalstudie haben wir euch ihr hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: erstellt mit Midjourney