Bei der Behandlung von Schilddrüsenkarzinomen können Teile oder die gesamte Schilddrüse entfernt werden. Doch was ist die richtige Vorgehensweise und welche Marker könnten entscheidend sein?
Bei Schilddrüsenkarzinomen stellt sich die Frage: Muss die ganze Schilddrüse entfernt werden oder reicht es, nur einen Lappen zu entfernen? Um diese Frage klar und sicher beantworten zu können, arbeiten Endokrinologen, Chirurgen und Pathologen eng zusammen. An der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen und der Universitätsmedizin Essen haben Forscher aller drei Disziplinen nun gemeinsam ihre Erfahrungen kürzlich im Fachmagazin Surgery veröffentlicht. Sie konnten zeigen, dass bei Patienten mit sporadischem medullärem Schilddrüsenkrebs unter bestimmten Voraussetzungen eine Hemithyreoidektomie ausreicht.
„Der entscheidende Faktor scheint das Vorliegen einer Desmoplasie zu sein, also der überschießenden Bildung von faserreichem Bindegewebe, die auch als Marker für Knotenmetastasen interpretiert wird“, erklärt Prof. Dagmar Führer-Sakel, Direktorin der Klinik für Endokrinologie am Universitätsklinikum Essen. „Liegt keine Desmoplasie vor, ist ein begrenzter chirurgischer Eingriff unseren Daten zufolge genauso erfolgversprechend für die Betroffenen wie eine Totaloperation und vermindert gleichzeitig die Risiken für die Patient:innen“, ergänzt Prof. Frank Weber, Leitung der Endokrinen Chirurgie. „Die Anpassung des Operationsumfangs erlaubt uns, die Risiken der Operation insbesondere der permanenten Nebenschilddrüsenunterfunktion weiter zu reduzieren und kann eine lebenslange Schilddrüsenhormon Substitution verhindern.“
Die Essener Forscher schlagen vor, diese Art von Schilddrüsenkarzinom in der Nomenklatur von anderen Schilddrüsenkarzinomen abzugrenzen. „Desmoplasie-negative und knotennegative, nicht metastasierende unifokale Tumoren sollten als sporadische nichtinvasive medulläre Schilddrüsenneoplasie, kurz SNMTP, bezeichnet werden“, so die Autoren. Durch die namentliche Kennzeichnung dieser Untergruppe wird es den behandelnden Ärzten zukünftig leichter möglich sein, die entsprechende Diagnose zu stellen und die individuelle chirurgische Behandlung einzuleiten.
Dieser Artikel beruht auf einer Pressemitteilung des Universitätsklinikums Essen. Die Originalpublikation findet ihr hier.
Bildquelle: erstellt mit Midjourney