Ein musikalischer Blick auf die Wissenschaft – von rockigem Insulin zu einem Intermezzo der circRNAs, die Zugabe geben das Duo Angst und Herzschlag. Diese Ausgabe der Nerd News trifft den richtigen Ton.
Manche Klangsymphonien gehen unter die Haut – und schallen jetzt sogar bis in die Zelle. In einer neuen Studie wurde Musik genutzt, um Ionenkanäle in der Zellmembran zu öffnen. Durch die Öffnung der Kanäle soll es dann zu einer Insulinausschüttung kommen. Doch wie funktioniert das?
Insulinproduzierende Zellen wurden in Laborexperimenten genetisch so verändert, dass sie Calcium-Ionenkanäle exprimieren, die sehr empfindlich auf mechanische Deformationen reagieren. Wenn in der näheren Umgebung Musik abgespielt wird, sorgen die Schallwellen für den benötigten Reiz und die Ionenkanäle öffnen sich. Der Ca2+-Influx bewirkt das Fusionieren insulinhaltiger Vesikel mit der Zellmembran, sodass Insulin freigesetzt wird. Diese Zellen, die in einer speziellen Kapsel untergebracht sind, können in den Patienten implantiert werden und bei Bedarf Insulin ausschütten.
Ein Hit unter Insulinzellen ist der Rock-Klassiker „We Will Rock You“ von Queen. In Tests hat der Song 70 % des vorhandenen Insulins in nur 5 min freigesetzt – ähnlich der durch Glukose ausgelösten Insulinfreisetzung durch Inselzellen des Pankreas. Aber eine Frage drängt sich dabei auf: Was passiert dann auf einem Konzert? Auch dafür gibt es eine Lösung. Damit die Ionenkanäle aktiviert werden, muss Musik nämlich in unmittelbarer Nähe abgespielt werden, dafür wird ein kleiner Lautsprecher nahe des Zellimplantats angebracht. Laut der Studie haben Umgebungsgeräusche keine Insulinausschüttung bewirkt.
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RNA ist spätestens seit der Pandemie allen bekannt, denn die linearen RNA-Konstrukte sind für Impfungen gut geeignet. Durch ihre flüchtige Natur können sie nach Ablesen der Sequenz schnell von Enzymen zersetzt werden. Für Impfungen stellt das kein Problem dar, andere therapeutische Anwendungen – wenn eine längere Anwesenheit der RNA benötigt wird – werden dadurch aber limitiert.
Die Lösung sollen zirkuläre RNAs bringen, sogenannte circRNAs. Die zirkuläre Struktur verleiht der circRNA Stabilität und Langlebigkeit und könnte dadurch das therapeutische Potential steigern. Eine Dosis könnte so eine längerfristige Proteinproduktion ankurbeln. Viele Pharmaunternehmen tüfteln daher an neuen therapeutischen Ansätzen mit circRNA. Beispiele sind circRNAs, die Immunzellen auf die Bekämpfung von Blutkrebs umprogrammieren sollen, oder mutierte Transkripte von Krankheitsgenen korrigieren.
CircRNAs kommen in vielen Bereichen der Natur vor und waren lange Zeit im Labor nicht reproduzierbar. Zwei Methoden haben sich im Laufe der Jahre jedoch etabliert: Sie basieren auf Ligation und IRES (internal ribosome entry site). Bei längeren RNA-Konstrukten versagt die Ligation, weswegen sich ein weiterentwickeltes IRES-Verfahren durchgesetzt hat. So können circRNAs therapeutische Proteine codieren, als Aptamere wirken, oder in anderen Funktionsweisen die Genexpression beeinflussen.
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Schlägt das Herz schneller, weil man Angst hat, oder trägt der schnelle Herzschlag selbst zur Angst bei? Ein klassisches Henne-Ei-Problem – einer neuen Studie zufolge könnte aber beides wahr sein.
Mäuse aus dieser Studie hatten ein genetisch modifiziertes Herz, dass bei einem roten Lichtreiz den Herzschlag erhöht. Über eine kleine Weste mit micro-LEDs, die den Tieren angezogen wurde, konnte so der Herzschlag beeinflusst werden. Wurde das Licht eingeschaltet, begann das Herz schneller zu schlagen. Im Normalzustand waren das 600 Schläge pro Minute, bei eingeschaltetem Licht 900 – eine Frequenz, die vergleichbar ist mit natürlichen Stress- oder Angstsituationen.
Bei Lichtreiz zeigten die Tiere ein ängstliches Verhalten. Auf offenen Flächen schlichen sie an den Wänden entlang oder suchten dunkle Ecken auf. Auch wenn sie einen Hebel für Wasser drückten, was manchmal mit einem leichten Schock verbunden sein kann, drückten Mäuse mit normaler Herzfrequenz ohne zu zögern. Mäuse mit rasendem Herzen beschlossen, lieber zu dursten.
Wurde die entsprechende Hirnregion, in der bei erhöhter Frequenz am meisten Aktivität gemessen wurde, optogenetisch stimuliert, ging das ängstliche Verhalten der Tiere zurück, obwohl das Herz weiterhin raste. Zwischen Herzschlag und Angst liegt also eine Brücke, die von beiden Seiten begangen werden kann.
Bildquelle: National Cancer Institute, unsplash