Multiresistente Erreger können besonders in Pflegeheimen gefährlich werden. Würde es helfen, wenn man neben Räumen und Oberflächen die Bewohner gleich mit desinfiziert?
In Pflegeheimen ist das Infektionsrisiko allgegenwärtig. Das hohe Alter der Bewohner, chronische Krankheiten und mangelnde Hygiene bieten Keimen die perfekte Lebensgrundlage. Das gilt auch für multiresistente Erreger, die geschwächten Heimbewohnern besonders gefährlich werden können. Jetzt haben Forscher eine Methode vorgestellt, um das Problem besser in den Griff zu bekommen. In ihrer Studie haben sie untersucht, ob neben der antiseptischen Reinigung von Räumen und Oberflächen, auch die spezielle Dekolonisierung der Bewohner selbst eine hilfreiche Strategie zur Vermeidung von Infektionen und dadurch nötige Klinikeinweisungen sein könnte. Die Studie ist in NEJM erschienen.
Die Forscher um Loren Miller erhoben Daten von insgesamt 28 Pflegeheimen mit einer Gesamtpopulation von knapp 29.000 Bewohnern. Die Hälfte der Pflegeheime behielt die herkömmliche Pflegeroutine bei, die Mitarbeiter der anderen Heime sollten beim Waschen der Bewohner mit Chlorhexidin getränkte Waschlappen bzw. beim Baden eine Chlorhexidin-Lösung anwenden, sowie die Nasengänge mit Povidonjod reinigen. Beide Antiseptika sind günstig und leicht erhältlich.
Wie sich herausstellte, gab es eine erhebliche Zahl von Krankenhauseinweisungen, die auf Infektionen zurückzuführen waren. In der Gruppe mit der herkömmlichen Pflege waren es zu Beginn der Studie im Mittel 62,2 % aller Fälle, und stieg während des Interventionszeitraums minimal auf 62,6 % an – es gab also kaum eine Veränderung. In den Pflegeheimen, die die spezielle Dekolonisierung anwendeten, sah die Entwicklung anders aus: Zu Beginn wurden 62,9 % der Hospitalisierungen auf Infektionen zurückgeführt. Im Verlauf lag der Prozentsatz nur noch bei 52,2 %. Die Forscher ermittelten eine Risk Ratio von 0,83 (KI 95 %: 0,79–0,88). Im Vergleich zur Kontrollgruppe war das ein Rückgang um 16,6 %.
Weiterhin stellten Miller und Kollegen fest, dass es in den Pflegeheimen, die das Dekolonisierungsprotokoll befolgten, zu einem deutlichen Rückgang der Gesamtprävalenz multiresistenter Erreger, einschließlich MRSA, Vancomycin-resistenter Enterokokken und anderer resistenter Bakterien kam. In der Kontrollgruppe gab es diesbezüglich keine Unterschiede.
„Das Reinigungsprotokoll reduzierte die Zahl der Pflegeheimbewohner, die aufgrund von Infektionen ins Krankenhaus mussten, erheblich“, kommentiert Hauptautor Dr. Loren Miller, Leiter der Abteilung für Infektionskrankheiten am Lundquist Institute for Biomedical Innovation am Harbor-UCLA Medical Center in Torrance, Kalifornien. „Verglichen mit anderen Strategien ist dies ein relativ einfacher Gewinn für Pflegeheime. Wir hoffen, dass die Pflegeheime es übernehmen wollen.“
Quelle:
Miller et al.: Decolonization in Nursing Homes to Prevent Infection and Hospitalization. NEJM, 2023. doi: 10.1056/NEJMoa2215254
Bildquelle: erstellt mit Midjourney