Intervallfasten lässt die Pfunde purzeln. Aber zu welcher Tageszeit ist der Verzicht aufs Essen am effektivsten? Findet es hier heraus!
Die Menschheit wird immer dicker. Das allein ist nichts Neues, aber wie schlimm die Situation inzwischen geworden ist, verdient doch besondere Erwähnung. In den USA hatten 2018 ganze 42 % der Erwachsenen einen Body-Mass-Index (BMI) von mindestens 30 kg/m2 und galten damit als krankhaft übergewichtig. Das sind fast dreimal so viel wie 1980 und in den Jahrzehnten davor. Auch in Deutschland machen adipöse Menschen mittlerweile ein Viertel der erwachsenen Bevölkerung aus. Die Gründe dafür sind praktisch überall auf der Welt die gleichen: Es ist der zunehmende Konsum von industriell stark verarbeiteten Fertigprodukten und gesüßten Getränken. Dadurch nehmen wir mehr Energie auf, als wir zum Leben brauchen. Der resultierende Kalorienüberschuss wird in Körperfett umgewandelt und am Bauch, Po und den Oberschenkeln abgelagert.
Die Menschheit muss also dringend abspecken. Als gangbaren Ausweg aus der Misere sehen führende Wissenschaftler nur eine radikale Ernährungsumstellung, die mindestens eine von drei elementaren Voraussetzungen erfüllen muss: anders essen, weniger essen oder seltener essen (DocCheck berichtete). Vor allem Intervallfasten (zeitbegrenztes Essen) kann vielen Betroffenen einen niedrigschwelligen und flexiblen Einstieg in die Trendumkehr ermöglichen.
Dem Intervallfasten nach der 16:8-Methode gilt seit geraumer Zeit das besondere Interesse der Ernährungsforschung. Die Idee hinter dieser Form des Fastens stammt aus der Wissenschaft der biologischen Uhren. Bei der 16:8-Methode beschränkt man die Nahrungsaufnahme auf acht Stunden täglich. Danach folgt eine 16-stündige Fastenphase. In dem achtstündigen Essfenster darf ohne Einschränkungen gegessen werden, d. h. weder die Anzahl der Mahlzeiten noch die Menge der Nahrung, oder die Auswahl der Nahrungsmittel sind vorgeschrieben.
Neben der Gewichtsreduktion werden dem Intervallfasten auch positive Effekte auf den Zucker- und Fettstoffwechsel, den Hormonhaushalt, die Verdauung, den Blutdruck, die Infektanfälligkeit sowie den Schlafrhythmus zugeschrieben. Ausschlaggebend für die gesundheitliche Wirkung des Intervallfastens ist nach gesicherten Erkenntnissen die Aktivierung körpereigener Selbstreinigungsprozesse, die Autophagie. In jüngster Zeit mehren sich Hinweise darauf, dass beim zeitbegrenzten Essen innerhalb eines Tages vor allem die Länge sowie die Lage des Essfensters eine besondere Bedeutung bei der Gewichtsregulation spielen.
Die gängigsten Zeitmodelle des Intervallfastens beschränken die Nahrungsaufnahme auf vier bis zwölf Stunden am Tag. Nach derzeitigem Wissensstand geht man allerdings davon aus, dass der menschliche Organismus nach etwa 14- bis 16-stündiger Fastenzeit seine Glykogenreserven in der Leber aufgebraucht hat und erst danach die Energieversorgung der Organe verstärkt über die Fettverbrennung sicherstellt. Diese Erkenntnis spricht für ein tägliches Essfenster von maximal acht bis zehn Stunden.
Stringentere Intervallfasten-Varianten empfehlen sogar eine Verkürzung der Nahrungsaufnahme auf fünf bis sieben Stunden pro Tag. Das wird z. B. durch den Verzicht aufs Frühstück (Breakfast Skipping) oder das Weglassen des Abendessens (Dinner Cancelling) erreicht. Dadurch reduziert sich die Häufigkeit der Nahrungsaufnahme i. d. R. von drei auf zwei Hauptmahlzeiten pro Tag. Ebenfalls erprobt wird die Einnahme von nur einer sättigenden Hauptmahlzeit. Diese, als OMAD-Methode (One-Meal-A-Day) bekannte Intervallfasten-Variante, wird z. B. von dem Fastenexperten Frank Madeo von der Universität Graz praktiziert und empfohlen. In diesem Fall beträgt das Essfenster nur etwa zwei Stunden und die Einnahme der einzigen Tagesmahlzeit erfolgt üblicherweise am frühen Nachmittag.
Noch wichtiger als die Länge des Essfensters ist wahrscheinlich seine Lage innerhalb des Tages. Bezogen auf die 16:8-Methode wird das achtstündige Essfenster i. d. R. in die Zeit zwischen 7 Uhr morgens und 21 Uhr abends gelegt. Aus der Chronobiologie weiß man jedoch, dass Personen größere Erfolge beim Abnehmen erzielen können, wenn sie bei einer Diät auf ihre innere Uhr achten, d. h. die Mahlzeiten so über den Tag verteilen, dass sie gut zu ihrem Biorhythmus passen. Zu Forschungszwecken wird das zeitbegrenzte Essen innerhalb eines Tages deshalb in zwei Subvarianten unterteilt: zeitiges Frühstück und frühes Abendessen (Variante 1) versus spätes Frühstück und spätes Abendessen (Variante 2). Im ersten Fall legt man das Essfenster z. B. in den Zeitraum von 7 Uhr in der Frühe bis 17 Uhr am Nachmittag, im zweiten Fall etwa zwischen 10 Uhr morgens und 20 Uhr abends, je nachdem ob man Frühaufsteher (Lerche) oder Langschläfer (Eule) ist.
Die wissenschaftliche Evidenz hinsichtlich der optimalen Lage des Zeitfensters beim Intervallfasten ist uneinheitlich und zum Teil widersprüchlich. Bisher konnte noch nicht abschließend geklärt werden, ob die Lage des täglichen Essfensters zu Beginn oder am Ende des Tages vorteilhafter ist. Chinesische Wissenschaftler haben deshalb eine Netzwerk-Metaanalyse durchgeführt, um die Auswirkungen eines frühen oder späten Abendessens auf das Gewicht und die Stoffwechselgesundheit von Erwachsenen mit Übergewicht oder Adipositas zu untersuchen.
Im Rahmen einer systematischen Literaturrecherche wurden die einschlägigen Literaturdatenbanken PubMed, Embase, Web of Science und Cochrane Library nach geeigneten Studien durchsucht, die alle als Volltext in englischer Sprache vorliegen mussten. Eingeschlossen wurden nur randomisierte kontrollierte Studien (RCTs), bei denen die Länge des Essfensters der Intervallfastengruppen sechs bis maximal zehn Stunden betrug. Die Probanden wurden nach der Uhrzeit ihrer letzten täglichen Mahlzeit in zwei Subgruppen unterteilt. Teilnehmer, die ihre letzte Tagesmahlzeit vor 16 Uhr eingenommen hatten, bildeten die frühe Intervallfastengruppe, Teilnehmer, die ihre letzte Tagesmahlzeit nach 16 Uhr eingenommen hatten, wurden der späten Intervallfastengruppe zugeteilt.
Die Studienteilnehmer waren weiblich oder männlich, mindestens 18 Jahre alt und hatten einen BMI von wenigstens 25 kg/m2. Primärer Endpunkt war die Gewichtsreduktion der beiden Intervallfasten-Subgruppen im Vergleich zur Kontrolle. Sekundäre Endpunkte waren Veränderungen des Nüchternblutzuckers, der Insulinresistenz (HOMA-Modell), des arteriellen Blutdrucks sowie des Lipidprofils (Gesamtcholesterin, Triglyzeride, LDL, HDL).
Insgesamt 12 RCTs mit zusammen 730 übergewichtigen oder adipösen Erwachsenen wurden in die Netzwerk-Metaanalyse eingeschlossen. Sechs Studien untersuchten das späte und drei Studien das frühe Intervallfasten. Drei weitere Studien verglichen beide Intervallfasten-Varianten. Die Teilnehmer der Kontrollgruppen befolgten unterschiedliche Ernährungsstrategien: 7x keine spezifischen Vorgaben, 2x Kalorienrestriktion, 1x Low-Carb-Diät, 1x zwölfstündiges Essfenster, 1x ohne Angabe. Die meisten Studien dauerten zwischen sechs und zwölf Wochen. Lediglich eine RCT erstreckte sich über annähernd ein Jahr. Sechs Studien waren aus den USA, vier aus China und zwei aus Polen. Alle eingeschlossenen Einzelstudien sind neueren Datums (2020 bis 2022). Die Hälfte der Studien hat eine sehr gute methodische Qualität, bei den anderen 50 % wurden einige leichte Mängel festgestellt. Nach Angaben der Autoren handelt es sich um die erste Analyse dieser Art in der internationalen Fachliteratur.
Verglichen mit den Kontrollen ergab sich sowohl für die frühe als auch für die späte Intervallfastengruppe eine statistisch signifikante mittlere Gewichtsreduktion von 2,30 kg bzw. 1,99 kg (95 % CI: -3.03 bis -1.57 kg; p < 0.05) respektive (95 % CI: -2.57 bis -1.41 kg; p < 0.05). Die tendenziell stärkere Gewichtsreduktion von 0,31 kg in der frühen Intervallfastengruppe war im direkten Vergleich mit der späten Intervallfastengruppe allerdings statistisch nicht signifikant (95 % CI: -1.15 bis +0.53 kg; p > 0.05). Des Weiteren zeigte sich für die frühe Intervallfastengruppe eine signifikante mittlere Reduktion der Nüchternglukose um 2,24 mg/dl (95 % CI: -4.21 bis -0.27 mg/dl; p < 0.05) im Vergleich zur Kontrolle.
Für beide Interfallfastengruppen konnte außerdem eine signifikante Abnahme der Insulinresistenz gegenüber der Kontrollgruppe gezeigt werden. Sie betrug 0,86 Indexpunkte für die frühe und 0,42 Indexpunkte für die späte Intervallfastengruppe (95 % CI: -1.24 bis -0.47; p < 0.05) bzw. (95 % CI: -0.76 bis -0.08; p < 0.05). Im direkten Vergleich zwischen den beiden Interventionsgruppen war die frühe der späten Intervallfastengruppe überlegen (95 % CI: -0.86 bis -0.02; p < 0.05). In puncto Blutdruck zeigte sich nur für die frühe Intervallfastengruppe eine mittlere Senkung des diastolischen Blutdrucks um 2,79 mm Hg gegenüber der Kontrolle (95 % CI: -4.65 bis -0.93 mm Hg; p < 0.05). Beim Lipidprofil fanden sich keine Unterschiede. Alle Ergebnisse waren robust und blieben auch nach Durchführung von Sensitivitätsanalysen erhalten.
Alles in allem führte das frühe gegenüber dem späten Intervallfasten zu einer stärkeren, wenngleich auch nur moderaten Reduktion des Körpergewichts, der Insulinresistenz des Nüchternblutzuckers sowie des diastolischen Blutdrucks über einen mittleren Zeitraum von zwölf Wochen. Die Ergebnisse legen nahe, dass beim Intervallfasten der Verzicht aufs Abendessen zu einer stärkeren Gewichtsabnahme führt als das Weglassen des Frühstücks. Das Essfenster bereits um 16 Uhr zu schließen, bringt nach Lage der Dinge auch Vorteile für die kardiometabolische Gesundheit. Es gibt also offenbar Tageszeiten, zu denen der Körper schlechter auf eine Nahrungsaufnahme vorbereitet ist. Wer zu diesen Zeiten isst, wird vermutlich eher dick; wer dann hingegen fastet, bleibt stattdessen schlank und lebt gesünder. Die Studie spricht dafür, dass die alte Volksweisheit, morgens wie ein Kaiser, mittags wie ein König und abends wie ein Bettler zu speisen, anscheinend Gültigkeit besitzt.
Der bessere Effekt des frühen Intervallfastens lässt sich mit Hilfe der Chronobiologie erklären. Im Verlauf der menschlichen Evolution haben sich unsere Körperfunktionen an äußere Taktgeber wie Tageslänge (Licht und Dunkelheit) und Jahreszeiten (warm und kalt) angepasst. Zahlreiche Stoffwechselvorgänge erreichen deshalb in der Frühe oder gegen Mittag ihre höchste Aktivität. Dazu gehören z. B. die nahrungsinduzierte Thermogenese, die Betazellfunktion der Bauchspeicheldrüse sowie die Fettsäure-Oxidation in der Skelettmuskulatur. Darüber hinaus zeigen Teilnehmer des frühen Intervallfastens eine höhere m-RNA-Synthese für Proteine, die an der Regulation des circadianen Rhythmus beteiligt sind. Wer also regelmäßig vor dem Schlafengehen üppig tafelt oder gar nachts den Kühlschrank räumt, trägt somit ein erhöhtes Risiko, Speck anzusetzen und kardiometabolische Erkrankungen zu entwickeln.
Für die meisten Erwachsenen wäre es nach Ansicht der Forscher von Vorteil, ihre täglichen Mahlzeiten etwa ein bis zwei Stunden nach dem gewohnheitsmäßigen Aufwachen und bis spätestens 18 Uhr abends einzunehmen. In jedem Fall sollte man aber mindestens drei Stunden vor dem Schlafengehen mit dem Essen aufhören.
Die Metaanalyse hat einige Schwächen, die nicht unerwähnt bleiben sollen. So ist z. B. die Summe der eingeschlossenen Studien vergleichsweise gering und die Anzahl der Teilnehmer in den drei Studienarmen niedrig. Hinzu kommt, dass die Studien in Bezug auf die Vor- und Begleiterkrankungen der Teilnehmer sowie deren Ernährungsweisen sehr heterogen sind. Mit einer Ausnahme ist die Dauer der meisten Studien außerdem sehr kurz. Größere und längere RCTs mit homogenen Kontrollen sind deshalb erforderlich, um die vorliegenden Ergebnisse zu verifizieren.
Bildquelle: erstellt mit Midjourney