Sich mit Schlafmitteln hinters Steuer zu setzen, ist wohl keine gute Idee. Aber wie sieht’s mit Schmerzmitteln aus? Das haben Forscher jetzt bei Senioren untersucht.
Viele gängige Medikamente, darunter Antidepressiva, Schlaf- und Schmerzmittel, tragen den Warnhinweis „keine schweren Maschinen“ nach der Einnahme zu bedienen – dazu zählt natürlich auch das Auto. Problematisch ist, dass insbesondere ältere Menschen häufig mehrere Medikamente einnehmen, auf die dieser Warnhinweis zutrifft. US-Forscher haben jetzt untersucht, wie groß die Fahrbeeinträchtigung von Senioren tatsächlich ist, wenn sie bestimmte Medikamente einnehmen. Die Arbeit ist in JAMA erschienen.
Die Forscher untersuchten dazu eine Kohorte aus 198 Menschen über 65 Jahren. In einem Beobachtungszeitraum von bis zu 10 Jahren (im Durchschnitt 5 Jahre) haben die Senioren dabei mindestens zwei Fahrtauglichkeitsprüfungen abgelegt, hatten zu Beginn des Zeitraums keine kognitiven Beeinträchtigungen und gaben an, mindestens einmal in der Woche Auto zu fahren. Einmal im Jahr wurden die Probanden nach ihrer Medikamenteneinnahme befragt.
Während dieses Zeitraums erhielten 35 % der Teilnehmer eine nicht ausreichende Note in der Fahrprüfung. Wie sich herausstellte, war die Wahrscheinlichkeit die Fahrprüfung nicht zu bestehen oder mit „mangelhaft“ abzuschließen, bei älteren Menschen, die Antidepressiva einnahmen, knapp dreimal höher als bei Senioren, die keine Antidepressiva einnahmen (bereinigte HR = 2,82; 95 % KI: 1,69–4,71). Ähnlich hoch war das Risiko bei Fahrern, die Sedativa oder Hypnotika einnahmen (HR = 2,72; 95 % KI, 1,41–5,22) und –überraschenderweise – auch bei Senioren, die zu nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR), zu denen auch ASS oder Ibuprofen zählen, griffen (HR = 2,72; 95 % KI, 1,31–5,63). Die Forscher spekulieren, dass – obwohl NSAR bei richtiger Anwendung normalerweise keine Auswirkungen auf die Fahrtauglichkeit haben – die Einnahme mit Nebenwirkungen wie Schwindel oder Schläfrigkeit einhergehen können. Das wiederum könnte den Fahrstil beeinträchtigen.
Zwischen der Einnahme von Anticholinergika/Antihistaminika und der Fahrleistung konnten die Forscher keinen signifikanten Effekt feststellen. Senioren, die Sympathomimetika, Antikoagulanzien oder Thrombozytenaggregationshemmer und Lipidsenker einnahmen, hatten hingegen ein niedrigeres Risiko durch die Fahrprüfung durchzufallen.
„Die Ergebnisse beweisen nicht, dass die Medikamente schuld sind“, sagt der leitende Forscher Dr. David Carr, Spezialist für geriatrische Medizin an der Washington University School of Medicine in St. Louis. Es sei schwierig, einen direkten Zusammenhang zwischen einem bestimmten Medikament und einer verminderten Fahrtauglichkeit herzustellen: Liegt es an diesem Medikament oder an der Krankheit, die es behandelt – oder an einem anderen Medikament, das ein älterer Mensch einnimmt?
„Das Fazit ist, dass wir darauf achten und unsere Patienten beraten müssen“, sagt Carr und fügt hinzu, dass er bezweifelt, dass dies routinemäßig geschieht. „Leider kann es vorkommen, dass bei den hektischen, zeitlich begrenzten Arztbesuchen das Gespräch über die Nebenwirkungen von Medikamenten auf der Strecke bleibt.“
Quelle:
Carr et al.: Medication and Road Test Performance Among Cognitively Healthy Older Adults. JAMA Netw Open, 2023. doi: 10.1001/jamanetworkopen.2023.35651
Bildquelle: Bild erstellt mit Midjourney