Kardiologen berichten nun, das Enzym DNase habe ein großes Potenzial als Therapeutikum bei Herzinfarkten. Es kann sogenannte ‚Neutrophil Extracellular Traps‘ (NETs), die aus DNA-Strängen bestehen, zerschneiden und wurde als deren natürlicher Gegenspieler identifiziert.
Diese DNA-Stränge werden von den neutrophilen Granulozyten im Rahmen von entzündlichen Vorgängen aus dem Zellkern nach außen geschleudert und bilden eine netzartige Struktur. Dort wirken sie hochgradig entzündungsfördernd, zellgiftig und Thrombose-fördernd. „Wir konnten bei der Analyse von bei Herzkatheter-Behandlungen abgesaugten Blutgerinnseln zeigen, dass Herzkranz-Thromben große Mengen an NETs enthalten und deren Konzentration stark mit der Infarktgröße korreliert“, berichtet Dr. Andreas Mangold von der Universitäts-Klinik für Kardiologie, Medizinische Universität Wien, auf dem Europäischen Kardiologenkongress (Kongress der European Society of Cardiology, ESC) in Barcelona. In einer weiteren Arbeit beschäftigten sich die Forscher mit speziellen weißen Blutkörperchen, den CD4+CD28null T-Zellen. Diese aggressive T-Zellpopulation entfaltet durch die Ausschüttung von bestimmten Proteinen wie Granzym B ein bedeutsames zellgiftiges Potential. Es konnte gezeigt werden, dass diese Zellen in herzgefäßkranken Patienten vermehrt vorkommen und eine Herzinfarktprognose ermöglichen. Mangold: „CD4+CD28null T-Zellen können als eine Hauptquelle für Granzym B im betroffenen Herzkranzgefäß angesehen werden.“
Da Granzym B an den Zellkernen von Zielzellen angreift, gingen die Forscher davon aus, dass hier ein Zusammenhang mit der NETs-Produktion von neutrophilen Granulozyten bestehen könnte, dieses Protein also eventuell als Stimulus fungiert. Doppelsträngige DNA, ein Indikator für die Menge an vorhandenen NETs, zeigte eine starke Korrelation mit der Höhe an Granzym B im Blut aus dem Herzkranzgefäß, ein deutliches Indiz für einen solchen Zusammenhang. Zellkulturversuche, in denen neutrophile Granulozyten mit Granzym B stimuliert wurden, identifizierten dieses Protein als äußerst potenten Stimulator für die Produktion von NETs. Weitere Versuche, im Speziellen auch die gemeinsame Zellkultur von aktivierten CD4+CD28null T-Zellen mit neutrophilen Granulozyten, werden tiefere Einblicke in diesen Mechanismus bei der Bildung von Herzkranz-Thromben liefern, so Mangold. „Somit könnten nicht nur die NETs bzw. die DNase selbst, sondern auch vorgeschaltete Proteine und Regulationsmechanismen als Ziel neuer Therapiemethoden fungieren“, sagt Mangold. „Während Reagentien zur NETs-Blockade bzw. deren Auflösung bereits in Tierversuchen zur Testung kommen, muss für die Entschlüsselung der Feinregulation dieser Zusammenhänge noch einige grundlagenwissenschaftliche Arbeit geleistet werden.“ Originalpublikation: CD4+CD28null T cells are enriched at the culprit lesion site in STE-ACS and promote NET production Andreas Mangold et al.; Cardiovascular Research, doi: 10.1093/cvr/cvu098.149; 2014