Eine akute Pankreatitis kann derzeit nicht kurativ behandelt werden. Wissenschaftler konnten nun zeigen, wie Insulin die Zellen des Pankreas vor der schmerzhaften Selbstverdauung schützen könnte.
Bei einer akuten Pankreatitis beginnt die Bauchspeicheldrüse damit, sich selbst zu verdauen. Das führt meist zu starken Schmerzen im Oberbauch, die in den Rücken ausstrahlen und von Übelkeit, Erbrechen und Fieber begleitet sein können. Pro 100.000 Einwohner gibt es in Deutschland etwa fünf bis zehn Neuerkrankungen pro Jahr. Die Behandlungsmöglichkeiten beschränken sich derzeit auf schmerzstillende Maßnahmen und eine großzügige, intravenöse Flüssigkeitsgabe, um einem drohenden Volumenmangelschock vorzubeugen. Bei schweren Verlaufsformen mit Darmlähmung erfolgt eine künstliche Ernährung über eine Nasen-Dünndarmsonde.
Die häufigste Ursache einer akuten Pankreatitis sind feststeckende Gallensteine, die einen Rückfluss von Duodenalsaft auslösen. Auch eine übermäßige oder chronische Alkoholzufuhr kann schuld an der akuten Entzündung der Bauchspeicheldrüse sein. „Eine fetthaltige Ernährung trägt ihr Übriges dazu bei. In der Weihnachtszeit, wenn Alkohol und Fett Hochkonjunktur haben, beobachten wir besonders viele neue Fälle“, so Dr. Jason Bruce von der University of Manchester in Großbritannien, und weiter: „Wenn sich Alkohol und Fett in den Azinuszellen des Pankreas – den Zellen, die die Verdauungsenzyme in den Darm ausschütten – ansammeln, erhöht sich der intrazelluläre Calciumgehalt. Das führt dazu, dass die Zellen platzen, absterben und ihre toxischen Verdauungsenzyme die Bauchspeicheldrüse und das umliegende Gewebe verdauen.“
Bruce und seine Arbeitsgruppe konnten an Pankreaszellen von Ratten zeigen, dass Insulin, das normalerweise von den Betazellen des Pankreas freigesetzt wird, diesen toxischen Effekt von Alkohol und Fettsäuremetaboliten verhindern kann. Insulin rückte in den Fokus der Wissenschaftler, weil es bei fettleibigen Patienten mit Pankreatitis bereits erfolgreich die Fettsäuren im Blut reduzieren konnte. Gewöhnlich verschlechtert ein Diabetes eine Pankreatitis und Diabetiker haben ein erhöhtes Risiko, eine Bauchspeicheldrüsen-Entzündung zu entwickeln. Erhalten Diabetiker jedoch Insulin, ist das Risiko für eine Pankreatitis reduziert – erste Untersuchen gab es dazu bereits in den 1970er Jahren. „Die Studienlage ist zwar dünn, lässt jedoch vermuten, dass Insulin eine protektive Rolle haben könnte. Unklar war bisher jedoch, worauf die Wirkung beruhen könnte“, schreiben die Autoren. Die Forscher um Dr. Bruce konnten nun zeigen, dass Insulin offenbar direkt die azinösen Zellen schützt, also genau dort wirkt, wo eine Pankreatitis beginnt.
Dr. Bruce erklärt: „Insulin wirkt, indem es die Energielevel der pankreatischen Azinuszellen auffüllt. So können den Calciumpumpen an den Membranen dieser Zellen besser arbeiten. Diese Calciumpumpen sorgen wiederum dafür, das zelluläre Calciumlevel aufrechtzuerhalten und verhindern so den Zelltod und die Selbstverdauung des Pankreas.“ Die Forschungsarbeiten stehen zwar noch ganz am Anfang, könnten aber richtungsweisend für weitere Untersuchungen an Tiermodellen und am Menschen sein. Wenn sich Insulin auch dort als effektive Behandlung einer Pankreatitis behaupten kann, stünde erstmals eine Therapieoption zur Verfügung. Bruce ergänzt: „Wenn wir außerdem besser verstehen, wie Insulin wirkt, können auf Basis dieses Wissens neue Medikamente entstehen, die eine akute Pankreatitis möglicherweise heilen können ohne das Risiko von Insulin-verursachten Hypoglykämien.“