Biomarkerbasierte Tests sollen Brustkrebspatientinnen die Entscheidung für oder gegen eine adjuvante Chemotherapie erleichtern. Die Zuverlässigkeit ist umstritten. Dennoch hat sich nun die erste Krankenversicherung dazu entschlossen, Prognosetests zu erstatten.
Ende 2016 hat das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) untersucht, ob bestimmte Brustkrebspatientinnen von biomarkerbasierten Tests profitieren könnten. Dabei handelt es sich um Frauen mit primärem Hormonrezeptor-positivem, HER2/neu-negativem Mammakarzinom mit bis zu drei befallenen Lymphknoten. Die Tests sollen den Frauen als Entscheidungshilfe für oder gegen adjuvante Chemotherapien dienen. Aufgrund methodischer Einschränkungen gab das Institut noch keine klare Empfehlung ab. Unter anderem war die Nachbeobachtungszeit zu kurz. Die Entscheidung selbst führte bundesweit zu kontroversen Diskussionen.
Jetzt berichtet der Hersteller Genomic Health in einer Pressemitteilung über weitere, bislang unveröffentlichte Daten zum Test Oncotype DX®. Demnach sei es nach fünfjähriger ausschließlicher Hormontherapie bei Hochrisiko-Brustkrebspatientinnen mit niedrigem Oncotype DX Breast Recurrence Score® kaum zu Fernrezidiven gekommen. Konkurrenzmedikamente wie MammaPrint® (Agendia), Prosigna (NanoString Technologies) oder Femtelle® (American Diagnostica) werden ebenfalls zur Prognoseuntersuchung angeboten. Anfangs handelte es sich bei den Tests um reine Selbstzahlerleistungen. Vor wenigen Moaten hat sich die Knappschaft entschlossen, molekularbiologische Untersuchungen zu erstatten. Früher oder später werden weitere gesetzliche und private Krankenversicherungen folgen, denn es geht um bares Geld. Genomic Health sieht gewaltige Einsparpotenziale. „Bei Einsatz des Oncotype DX Breast Recurrence Score®-Tests sind eine deutliche Reduktion von Therapie- und Therapiefolgekosten für die Kostenträger und sogar 253 Millionen Euro Einsparung für die Gesellschaft möglich“, schreibt der Anbieter. Er geht davon aus, dass 20.000 Patientinnen pro Jahr für Genexpressionsuntersuchungen infrage kommen, weil bei ihnen der Nutzen einer adjuvanten Chemotherapie unklar ist. Ohne die Behandlung sparen Kostenträger rund 19.000 Euro pro Person ein. Hinzu kommen zirka 84.000 Euro pro Kopf für die Gesellschaft, da Folgekosten wegfallen.
Derart unter Zugzwang geraten, hat das IQWiG eine Broschüre für Patientinnen veröffentlicht. „Es ist nicht nachgewiesen, dass einer der Biomarker-Tests das Rückfallrisiko zuverlässiger vorhersagen kann, als das anhand klinischer Kriterien möglich ist“, schreiben Experten. Sie verweisen auf laufende Studien. Als weitere Schwäche sehen sie, dass Hersteller beim Rückfallrisiko nur Fernmetastasen berücksichtigen, aber keine örtlichen Rezidive. „Dadurch unterschätzen Biomarker-Tests das Risiko, erneut an Brustkrebs zu erkranken“, heißt es als Fazit. Gleichzeitig wird in der Broschüre Kritik an Hilfen zur Behandlungsentscheidung laut. Anbieter von Tests raten bei niedrigen Risiken von der adjuvanten Chemotherapie ab und empfehlen die Behandlung bei hohem Risiko. Laut IQWiG gebe es keine eindeutige wissenschaftliche Grundlage für diese Einstufung. Sogar von Test zu Test bestünden Unterschiede.