Ein Forschungsteam hat einen neuen Zusammenhang zwischen der Entstehung von Typ-1-Diabetes und einer Coronainfektion aufgedeckt. Demnach scheint es ein kritisches Alter zu geben, in dem Kinder besonders vulnerabel sind.
Bei Typ-1-Diabetes zerstört das Immunsystem die Inselzellen der Bauchspeicheldrüse, die für die Produktion von Insulin verantwortlich sind. Autoantikörper, die sich gegen die Inselzellen richten, weisen somit auf den Beginn der Krankheit hin. Insbesondere frühkindliche Virusinfektionen stehen im Verdacht, das Risiko für Typ-1-Diabetes zu erhöhen. Während der COVID-19 Pandemie nahmen die Diabetes-Neuerkrankungen weltweit zu. Doch ob die Ursache dafür tatsächlich an einer Infektion mit dem Virus liegt und ob diese Infektion die Entstehung von Inselautoantikörpern begünstigt, konnte bisher nicht gezeigt werden.
Ein internationales Forschungsteam wollte nun herausfinden, ob eine SARS-CoV-2 Infektion die Entwicklung dieser frühen Diabetes-Anzeichen beeinflusst. Dazu untersuchten sie 885 Kinder im Alter von 4 bis 24 Monaten auf Inselautoantikörper und SARS-CoV-2-Antikörper in Abständen von 2 bis 6 Monaten. 170 Kinder, also fast 20 Prozent, entwickelten während der Pandemie Antikörper gegen SARS-CoV-2, was darauf hindeutet, dass sie mit dem Virus infiziert waren. In dieser Gruppe war die prozentuale Häufigkeit der Kinder, die zusätzlich Inselautoantikörper entwickelt haben, doppelt so hoch, als unter den Kindern ohne SARS-CoV-2 Infektion.
„Der zeitliche Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Inselautoantikörpern und der SARS-CoV-2-Infektion bei diesen Kindern ist verblüffend. Das bedeutendste Ergebnis ist jedoch, dass das Risiko, Inselautoantikörper zu entwickeln, bei den Kindern am höchsten war, die vor dem 19. Lebensmonat und insbesondere im Alter von einem Jahr mit SARS-CoV-2 infiziert waren“, erklärt Forschungsgruppenleiter Prof. Ezio Bonifacio. „Diese Kinder hatten ein etwa fünf- bis zehnfach erhöhtes Risiko, Inselautoantikörper zu entwickeln, welche später im Leben zu Typ-1-Diabetes führen. Das ist also ein kritisches Alter für Kinder mit einem erhöhten genetischen Risiko für Typ-1-Diabetes und Voraussetzung dafür, dass wir diesen Zusammenhang beobachten können.“
Auch frühere Studien hatten einen Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Typ-1-Diabetes und einer COVID-19 Diagnose festgestellt. Dies ist jedoch die erste Studie, die eine Verbindung zwischen einer SARS-CoV-2-Infektion und dem Beginn der Inselautoimmunität herstellt.
Wichtig ist, dass es zwar einen klaren zeitlichen Zusammenhang zwischen der SARS-CoV-2 Infektion und der Entwicklung der Autoantikörper gab, jedoch entwickelten auch ohne COVID-19 viele Kinder Inselautoantikörper. „Diese Studie zeigt erneut den Zusammenhang zwischen einer Virusinfektion und Typ-1-Diabetes gleich zu Beginn der Krankheitsentstehung im vulnerablen Alter“, so Prof. Bonifacio. Obwohl der genaue Mechanismus hinter dem erhöhten Risiko für Inselautoimmunität bei Kleinkindern nicht bekannt ist, könnten die Ergebnisse dazu beitragen, Wege zur Prävention von Typ-1-Diabetes zu finden.
„Wir haben einen Impfstoff gegen SARS-CoV-2 zur Verfügung. Damit drängt die Frage, ob eine Impfung gegen Viren, die mit Inselzellautoimmunität assoziiert sind, ein neuer Weg zur Prävention von Typ-1-Diabetes sein könnte. Zumindest einige Fälle von Typ-1-Diabetes könnten so womöglich verhindert werden“, sagt Anette-Gabriele Ziegler.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Technischen Universität Dresden. Hier findet ihr die Originalpublikation.
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