Bisher wurde noch nie eine menschliche Blase transplantiert. Forscher haben nun verschiedene Techniken erprobt, um bald eine robotergestützte Transplantation am Menschen durchführen zu können.
Eine Organtransplantation ist eine gängige Behandlung für viele Arten von Organversagen – dennoch wurde bisher noch nie eine menschlichen Harnblase transplantiert. Dies ist zum Teil auf die enormen technischen Herausforderungen zurückzuführen, die ein solches Verfahren mit sich bringt. Darunter die Schwierigkeit, einen chirurgischen Zugang zum Becken zu erhalten sowie die komplexe Anatomie der Blutgefäße in diesem Bereich.
Bei Patienten mit Blasenerkrankungen im Endstadium, die die Blase funktionsunfähig machen, wird häufig eine Zystektomie vorgenommen. Anschließend werden die Harnwege operativ umgeleitet, wofür in der Regel das eigene Darmgewebe des Patienten verwendet wird. Obwohl diese rekonstruktiven Verfahren eine hohe Erfolgsquote haben, bestehen erhebliche Risiken für kurz- und langfristige Komplikationen.
Ein Forscherteam führte nun eine Reihe präklinischer Studien durch, um eine Technik zur robotergestützten Blasentransplantation zu entwickeln. Die Expertise der Forscher umfasste die Entnahme der Blase und des dazugehörigen Gewebes, einschließlich der Arterien, Venen und Harnleiter sowie die Präparation wie bei einem menschlichen Spender und die Rückverpflanzung des präparierten Organs in den Spender. Dabei nutzten die Wissenschaftler drei verschieden Wege der Eigentransplantation:
„Unsere Studie ist der erste Bericht über die Eigentransplantation von Blasen bei hirntoten menschlichen Forschungsspendern als notwendiger vorbereitender Schritt zur klinischen Blasentransplantation bei lebenden Patienten”, kommentiert Erstautor Dr. Inderbir Gill. Die in den Tier- und Leichenmodellen entwickelten Techniken wurden erfolgreich auf die Spender mit schlagendem Herzen angewandt. In allen drei Modellen verringerte sich die Operationszeit für die robotergestützte Transplantation mit zunehmender Erfahrung. Bei den Spendern mit schlagendem Herzen sank die gesamte Operationszeit von 10,5 auf 4,7 Stunden.
Bei den hirntoten Spendern führten drei von vier Versuchen einer robotergestützten Eigentransplantation zum Erfolg: Die transplantierte Blase wurde gut durchblutet. Einer der Spender wurde zudem 12 Stunden lang am Leben erhalten, um die Lebensfähigkeit der transplantierten Blase zu bestätigen. Im Vergleich zur offenen Chirurgie sei der robotergestützte Ansatz eine wesentliche Erleichterung, da er einen besseren technischen Zugang zum tiefen Becken und eine bessere Kontrolle der Blutgefäße ermögliche, so die Studienautoren.
Dr. Gill und seine Kollegen bereiten sich auf Grundlage dieser bahnbrechenden Vorarbeit nun auf die erste klinische Machbarkeitsstudie zur Blasentransplantation beim Menschen vor. In Zukunft könnte die Blasentransplantation eine praktikable Behandlungsoption für eine ausgewählte Gruppe Patienten darstellen, so die Studienautoren. Dennoch gebe es noch viele Unwägbarkeiten – darunter die langfristige Funktionsfähigkeit der transplantierten Blase, die Notwendigkeit einer lebenslangen immunsuppressiven Therapie, um eine Abstoßung des Organs zu verhindern, und die Handhabung und Patientenzufriedenheit im Vergleich zu den üblichen Verfahren der Harnableitung.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung von Wolters Kluwer Health. Die Originalpublikation findet ihr hier.
Bildquelle: Kind and Curious, unsplash.