Der moderne, vernetzte Patient geht heute i.d.R. erst ins Internet und dann zum Arzt. Dies kann eine Entlastung sein, kann den Mediziner aber auch gehörig unter Druck setzen. DocCheck hat bei Ärzten und Patienten nachgehorcht, wo es am meisten brodelt.
Viele Patienten nutzen längst nicht mehr nur den Arzt, wenn sie Fragen zu ihrer Erkrankung haben, sondern recherchieren auch im Netz. Grund genug für die Meinungsforscher von DocCheck, unter diesen sogenannten ePatients einmal nachzufragen, was sie sich von der Recherche im Netz versprechen. Insgesamt nahmen 800 Patienten zwischen 20 und 80 Jahren aus unterschiedlichen Indikationsgebieten an der Studie teil.
Ganz oben auf der Webrechercheliste steht bei zwei Dritteln der Befragten die Krankheit an sich (Ursachen, Verlauf und Folgen), gefolgt von der Suche nach Therapieoptionen. Mehr als die Hälfte interessiert zudem, wie es anderen Betroffenen ergeht, weshalb sie deren Erfahrungsberichte lesen. Etwas wissenschaftlicher mag es ein Drittel der Patienten, das sich gezielt nach medizinischen Studien umschaut. Auch die Arztsuche läuft in vielen Fällen online: So gibt ein Viertel der Befragten an, gezielt nach Ärzten und Kliniken mit entsprechendem Fachbereich zu suchen. Besonders interessant scheint dabei für die Patienten zu sein, wie die Kritik bei Jameda und ähnlichen Arztempfehlungsportalen ausfällt.
Erster Anlaufpunkt für die Recherche ist i.d.R. Dr. Google – insgesamt geben 78 % der Patienten an, dass Suchmaschinen zu ihren Quellen gehören. Weitere 50 % nutzen spezielle Gesundheitsseiten, knapp über 40 % Online-Lexika wie Wikipedia oder das Flexikon. Foren sind als Informationsquelle immerhin für jeden Dritten von Bedeutung. Anlass für die Eigenrecherche ist in zwei Dritteln der Fälle, dass der Patient sich dafür interessiert, wie er mit der Erkrankung besser leben kann oder generell ein besseres Verständnis für die Erkrankung zu entwickeln. 60 % der Patienten scheinen das Gefühl zu haben, dass sie nicht ausreichend vom Arzt informiert wurden. Und sie möchten darüber hinaus mehr über ihr Leiden erfahren. Überraschend vielen mangelt es offenkundig an Vertrauen in den Heilkünstler: So nutzen 32 % der Patienten das Internet, um die Ratschläge ihres Arztes zu überprüfen. Allerdings – dies mag ein kleiner Trost für den Medizinier sein – wird dem Internet in aller Regel kein größeres Vertrauen entgegengebracht als dem behandelnden Arzt. Vielmehr ist es so, dass die Patienten hier mehrheitlich auf wechselseitige Kontrolle setzen. So wenden sich immerhin 61 % mit Fragen bezüglich online recherchierter Fakten an ihren Arzt.
Die Mediziner sind von dieser Entwicklung verständlicherweise eher wenig begeistert, schaut man sich die Ergebnisse einer Studie an, die DocCheck schon 2012 zu dem Thema durchgeführt hat. So findet fast die Hälfte der Ärzte, dass Dr. Google ihnen ihre Arbeit erschwert. Ein nicht ganz unwichtiger Grund hierfür dürfte sein, dass die Patientengespräche, aufgrund der nötigen Aufklärung der durch Web-„Wissen“ entstandenden Verwirrung, für die Ärzte gefühlt im Schnitt 8 Minuten länger dauern – pro Fall wohlgemerkt. Eine beachtliche Zahl, hält man sich vor Augen, wie lange Patientengespräche sonst im Durchschnitt dauern. Hauptproblem ist dabei, laut Meinung der Ärzte, dass das vielfältige medizinische Informationsangebot im Internet bei den Patienten zu hohe Erwartungen erzeugt oder auch schlichtweg zu Verunsicherung führt. (Mit einem Klick gelangen Sie auf die Infografik mit den vollständigen Ergebnissen) Entsprechend wichtig wäre eine höhere Transparenz, was die Qualität der Informationen im Internet anbelangt. Das Bewusstsein, dass es zum Teil Mängel bei der Güte der Informationen gibt, ist bei den Patienten durchaus vorhanden. So geben 79 % der ePatients an, dass sie sich einen Qualitätscheck der Informationen im Internet wünschen würden. Vor allem eine unabhängige Gesundheitsorganisation bzw. ein Institut wäre an dieser Stelle aus ihrer Sicht gefordert. Bleibt zu hoffen, dass dieser Wunsch bald Wirklichkeit wird – für die Patienten, aber auch für die Ärzte, die die Fehlinformationen im Zweifel korrigieren müssen.
Die vollständigen Ergebnisse der ePatient-Studie sind über DocCheck Load zu beziehen. Neben dem Informationsverhalten behandelt die Studie auch die Fragen, wie aktiv die Patienten selbst im Netz sind und wie die Gesundheitsinformationen aus ihrer Sicht aufbereitet sein sollten. Mehr zu dem Thema Arztbewertungsportale finden Sie hier.