Wie altert das Herz? Forscher konnten zeigen, dass die Rückbildung von Nervenzellen die Kommunikation mit den Blutgefäßen einschränkt. Dies nimmt dem Herzen die Fähigkeit, flexibel auf Belastungen zu reagieren.
Warum kommt das alternde Herz öfter aus dem Takt? Es ist vor allem die linke Herzkammer, die das Blut durch den Körperkreislauf pumpt, aber im Lauf des Lebens Spuren des Alterns zeigt: Sie wird größer und kann mitunter vernarben, was die Pumpfunktion beeinträchtigt. Eine Studie der Goethe-Universität Frankfurt und des Deutschen Zentrums für Herzkreislaufforschung (DZHK) weist nun erstmals nach, dass es in der linken Herzkammer auch an der Schnittstelle von Blutgefäßen und Nervensystem im Alter zu Veränderungen kommt: Die Nerven bilden sich zurück. Dem Herzen fällt es danach schwerer, auf entsprechende Anforderungen unter Belastungssituationen zu reagieren – es kommt sozusagen aus dem Takt.
Das Forschungsteam unter der Leitung von Prof. Stefanie Dimmeler und Dr. Julian Wagner widmete sich dem Zusammenspiel zwischen Nervensystem und Blutgefäßen im Herzen. Während schon länger bekannt ist, dass Gefäße, die das Herz mit Blut versorgen, in ihrer Funktion mit zunehmendem Alter nachlassen, war bisher nicht bekannt, ob die Wechselwirkung mit Nerven, die das Herz versorgen, durch den Alterungsprozess ebenfalls beeinflusst werden kann. Nun konnte das Team nachweisen, dass sich die Nerven in alten Herzen zurückbilden.
Ausgelöst wird diese Reaktion dadurch, dass Blutgefäße im Herzen mit zunehmendem Alter u. a. den Botenstoff Semaphorin-3A in ihre Umgebung freisetzen, der das Wachstum und die Aussprossung von Nervenzellen im Herzmuskelgewebe hemmt. Die Folge der verringerten Nerven im Herzen selbst ist, dass die Herzmuskelzellen nicht mehr von Impulsen der Nervenzellen „informiert“ werden, etwa durch einen schnelleren Herzschlag einen erhöhten Bedarf der Sauerstoffversorgung des Körpers unter Belastung zu gewährleisten. Das Herz verliert somit einen Teil der autonomen Kontrolle über die Herzfrequenz, was möglicherweise auch langfristig nachteilige Konsequenzen für das Überleben haben dürfte, wie klinische Beobachtungen nahelegen.
Eine zentrale Rolle für den Rückgang der Nervenzellen im Herzen scheinen seneszente Zellen des Gefäßsystems zu spielen. Verhindert man experimentell die Anzahl dieser Zellen durch Senolytica wachsen die Nervenzellen wieder nach, und das Herz gewinnt die autonome Kontrolle über die Pulsregulation wieder zurück. Inwieweit sich diese Behandlungs-Ansätze jedoch auf den Menschen übertragen lassen, müssen zukünftige Untersuchungen zeigen.
Mit ihren Erkenntnissen über ein gestörtes Zusammenspiel von Blut- und Nervenzellen im Herzgewebe, das mit zunehmendem Alter einhergeht, rücken die Forscher einen bislang weitgehend unbeachteten Schwerpunkt der Herzforschung in den Vordergrund. Diese Forschung stelle einen wichtigen Schritt dar, um die komplexen Mechanismen besser zu verstehen, die Herzkrankheiten zugrunde liegen. Die gewonnenen Erkenntnisse könnten möglicherweise neue Ansätze zur Vorbeugung und Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen eröffnen.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Goethe Universität Frankfurt. Hier findet ihr die Originalpublikation.
Bildquelle: Faruk Tokluoğlu, unsplash.