Ein neuer Ansatz bei der Behandlung von kindlichen Neuroblastomen: Eine Kombination aus Immuntherapie und der Transplantation von Stammzellen eines Elternteils. Wie erfolgreich ist die Therapie?
Neuroblastome sind im Kindesalter mit einer ungünstigen Prognose verbunden. Nur etwa die Hälfte der Kinder überlebt die Krankheit langfristig, wenn der Tumor als Hochrisikotyp eingestuft wird. Zu den Hochrisiko-Neuroblastomen gehören Patienten mit einer metastasierten Erkrankung, die älter als 18 Monate sind, und Patienten jeden Alters, deren Tumor eine MYCN-Amplifikation aufweist.
Wissenschaftler des St. Anna Kinderkrebsforschungsinstituts und der Eberhard-Karls-Universität Tübingen haben gezeigt, dass eine Immuntherapie nach Stammzelltransplantation bestimmte Neuroblastome bei Kindern wirksam bekämpft. Entscheidend ist, dass die Stammzellen eines Elternteils die Kinder mit einem neuen Immunsystem ausstatten, das besser auf Immuntherapien anspricht. Diese Ergebnisse einer frühen klinischen Studie wurden in der Fachzeitschrift Journal of Clinical Oncology veröffentlicht.
Besonders schlecht stehen die Chancen für Neuroblastom-Patienten im Rezidivstadium. Bei einem erheblichen Teil der in einer aktuellen Studie untersuchten Patienten konnte in diesem Fall eine Stammzellentransplantation mit anschließender Immuntherapie eine langfristigen Überlebensdauer bewirken. Im Vergleich zu einer früheren Studie konnte dadurch die Überlebensrate erhöht werden.
„Nach der Transplantation von Stammzellen eines Elternteils werden die Patienten mit einem neuen Immunsystem ausgestattet. Das ermöglicht eine bessere Immunantwort auf die anschließende Immuntherapie und verbessert das Ergebnis deutlich“, erklärt Co-Erstautorin Prof. Ruth Ladenstein, Leiterin der Studien- und Statistikgruppe für Integrierte Forschung und Projekte am St. Anna und Professorin an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde der MedUni Wien.
„Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von etwa acht Jahren sehen wir, dass mehr als die Hälfte der Studienpatienten fünf Jahre oder länger mit ihrer Erkrankung leben“, berichtet Ladenstein. Die 5-Jahres-Gesamtüberlebesrate liegt bei 53 Prozent. Im Vergleich dazu lag die Überlebensrate in einer früheren Studie, in der auf die Stammzelltransplantation keine Immuntherapie folgte, bei nur 23 Prozent. Die Patienten, die auf eine vorherige Behandlung vollständig oder teilweise ansprachen, hatten eine deutlich bessere Überlebensrate.
„Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine Immuntherapie mit Dinutuximab beta im Anschluss an eine Transplantation von Stammzellen eines passenden Familienspenders zu bemerkenswerten Ergebnissen führt, wenn die Patienten zumindest teilweise auf die vorherige Behandlung ansprechen“, sagt Ladenstein. „In unserer Studie traten keine unerwarteten Nebenwirkungen auf, und die Häufigkeit von Graft-versus-Host-Disease war gering.“
Dinutuximab beta ist ein Antikörper, der an ein spezifisches Molekül (GD2) auf der Oberfläche von Tumorzellen bindet und sie so für die Zerstörung durch das Immunsystem markiert. Daraufhin können natürliche Killerzellen den Tumor angreifen. Frühere Chemotherapien können jedoch bestimmte Fähigkeiten der natürlichen Killerzellen beeinträchtigen. „Daher erscheint eine Transplantation intakter natürlicher Killerzellen von passenden Familienspendern sinnvoll, bevor eine Immuntherapie verabreicht wird. Die transplantierten, neuen natürlichen Killerzellen sind nun in der Lage, die Tumorzellen effizienter zu bekämpfen – durch eine Antikörper-abhängige Reaktion“, erklärt Ladenstein.
Um die einzelnen Komponenten der Therapieansätze zu bestimmen, sind nach Angaben der Autoren weitere Studien notwendig. Seit kurzem wird auch die konventionelle Chemotherapie mit der Immuntherapie zu einem frühen Zeitpunkt in der Behandlung kombiniert, was zu ähnlich verbesserten Ansprechraten führt. Es besteht jedoch die Hoffnung, dass das Konzept eines erneuerten Immunsystems durch einen gesunden Elternteil in Kombination mit dem beschriebenen Transplantationsverfahren die Überlebensraten weiter erhöhen könnte. „Unser Ansatz könnte so zu einer stärkeren und länger anhaltenden Tumorkontrolle führen. Eine randomisierte Studie wäre notwendig, um den zusätzlichen potenziellen Nutzen eines neuen Immunsystems im Rahmen der Rezidivtherapie wissenschaftlich zu untermauern“, ergänzt Ladenstein.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung des St. Anna Children’s Cancer Research Institute. Hier findet ihr die Originalpublikation.
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