Viele vermuten, dass ältere Menschen häufiger einsam sind als Jüngere. Das Risiko, Einsamkeit zu erleben, nimmt mit dem Alter jedoch nicht zu, so ein aktueller Forschungsbericht. Ältere benötigen dennoch besondere Aufmerksamkeit bei diesem Thema.
In der politischen Debatte um die Bekämpfung von Einsamkeit wird häufig angenommen, dass ältere Menschen besonders häufig von Einsamkeit betroffen sind. Diese Vermutung wird oft damit begründet, dass Ältere weniger soziale Kontakte pflegen und weniger oft etwas mit Anderen unternehmen. Eine Studie des Deutschen Zentrums für Altersfragern zeigt jedoch, dass sich das Risiko, einsam zu werden, im mittleren und späten Erwachsenenalter kaum verändert.
Die Wissenschaftler entwickelten ein Modell, welches konkrete Vorhersagen erlaubt, wie Menschen mit den ihnen zur Verfügung stehenden Zeit und Energie umgehen: Das Differential Investment of Resources Modell (DIRe) zeigt, dass ältere Menschen in der Regel ganz gut darin seien, Einsamkeit zu vermeiden. Der Altersgruppe ist es oft wichtiger, enge zwischenmenschliche Beziehungen zu pflegen als zahlreiche soziale Kontakte aufrecht zu erhalten – bei jüngeren Menschen ist es häufig eher umgekehrt. Dieser Fokus auf enge Beziehungen erlaubt es den Älteren wahrscheinlich auch, sich schneller von Kontakten zu trennen, die ihnen nicht guttun. Darüber hinaus verfügen viele ältere Erwachsene über gute soziale Fähigkeiten, die ihnen helfen, die Qualität ihrer bestehenden Beziehungen zu verbessern. Zusammen können diese Anpassungen es vielen älteren Menschen ermöglichen, mit altersbedingten Veränderungen in ihren sozialen Netzwerken umzugehen und ein erhöhtes Einsamkeitserleben verhindern.
Allerdings sagt das DIRe Modell auch vorher, dass ältere Menschen große Schwierigkeiten haben, sich aus Einsamkeit zu befreien, wenn sie diese erst einmal erleben würden. Denn um sich nicht mehr einsam zu fühlen, ist es nötig entweder bestehende Kontakte zu vertiefen oder neue Bindungen aufzubauen. Dabei schränken die mit dem Alter zunehmenden gesundheitlichen Probleme und chronischen Krankheiten die Fähigkeit zu sozialem Engagement ein. Deshalb unterschieden die Forscher in ihrer Studie zwischen dem Risiko, einsam zu werden, und dem Risiko, einsam zu bleiben. Das Risiko, einsam zu werden, würde ihrer Meinung nach nicht mit dem Alter steigen. Das Risiko, einsam zu bleiben, würde jedoch mit steigendem Alter anwachsen.
Darüber hinaus legen die Ergebnisse nahe, dass, obwohl schwere Einsamkeitserfahrungen auch im mittleren Alter auftreten, Interventionen gegen Einsamkeit dennoch vorrangig auf ältere Altersgruppen ausgerichtet sein sollten. Nach dem 75. Lebensjahr ist es immer unwahrscheinlicher, dass ältere Erwachsene einen Zustand der Einsamkeit aus eigenem Antrieb überwinden.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Altersfragen (DZA). Hier und im Text findet ihr die Originalpublikationen.
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