Prostatatumoren werden häufig zu einer aggressiveren und tödlichen Form von Prostatakrebs. Wissenschaftler fanden jetzt einen Mechanismus, um Prostatakarzinome besser behandeln und Therapieresistenz vermeiden zu können.
Eine Studie des Rogel Cancer Center der Universität Michigan deckt einen Mechanismus auf, der erklären könnte, warum manche Prostatatumoren von einer häufigen, behandelbaren Form zu einer selteneren und aggressiveren Form von Prostatakrebs werden.
Anhand von Gewebeproben und Zellmodellen von Patienten haben Dr. Joshi Alumkal, Wicha Family Professor of Oncology und Leiter der Abteilung für medizinische Onkologie der Urogenitalorgane am Rogel, und sein Team die lysinspezifische Demethylase 1 (LSD1) ausfindig gemacht. Das Enzym ist am An- und Ausschalten von Genen in normalen und Krebszellen beteiligt und scheint bei bestimmten aggressiven Formen von Prostatakrebs besonders wichtig zu sein. Außerdem skizzierten sie einen vielversprechenden Weg zur Überwindung dieser tödlichen Form der Therapieresistenz: LSD1-Inhibitoren.
Die meisten Prostatatumoren bleiben Adenokarzinome oder Drüsentumoren nach einer Behandlung mit männlichen Hormonen – der Hauptbehandlung für metastasierenden Prostatakrebs. Aber viele machen einen tödlichen Wechsel durch, der als „Lineage-Plasticity“ bezeichnet wird und bei dem sich der Tumor von einem Drüsentumor zu einem nerven- oder hirnähnlichen Tumor wandelt.
Die Forscher wissen nur begrenzt, wie Prostatatumoren die „Lineage-Plasticity“ durchlaufen, aber sobald dies geschieht, gibt es nur wenige Behandlungsmöglichkeiten.
„Aggressive Formen von Prostatakrebs sind auf dem Vormarsch“, so Alumkal. „Unsere frühere Arbeit hat gezeigt, dass etwa 15–20 % der Patienten, deren Tumoren trotz neuerer Hormonbehandlungen zu wachsen beginnen, das Adenokarzinom-Programm verlieren und andere Identitäten annehmen, darunter auch ein sogenanntes neuroendokrines Prostatakarzinom.“ Patienten mit neuroendokrinem Prostatakrebs geht es viel schlechter als Patienten, deren Tumoren Adenokarzinome bleiben; es gibt derzeit nur begrenzte Behandlungsmöglichkeiten. „Unser Labor konzentriert sich darauf, zu verstehen, wie sich Prostatatumoren von einem Drüsenprogramm wegbewegen und wie man diesen Linienwechsel blockieren kann“, sagt Alumkal.
In den letzten zehn Jahren hat Alumkals Labor LSD1 untersucht. Er zeigte zunächst, dass LSD1 für das Überleben von Prostata-Adenokarzinom-Tumoren wichtig ist, indem es Gene aktiviert, die mit Stammzellen in Verbindung stehen. Darauf aufbauend versuchte sein Team herauszufinden, ob LSD1 auch beim neuroendokrinen Prostatakrebs eine Rolle spielt. Die Antwort lautet: Ja! Bei der Untersuchung von Geweben von Patienten mit metastasierendem Prostatakrebs stellte das Team fest, dass LSD1 in neuroendokrinen Prostatatumoren stärker exprimiert wird als in Adenokarzinom-Tumoren.
Sie verwendeten RNA-Interferenz, um LSD1 aus neuroendokrinen Prostatakrebszellen zu entfernen und stellten fest, dass die neuroendokrinen Prostatakrebsmodelle weniger gut wuchsen, wenn LSD1 fehlte, was die Bedeutung von LSD1 für das Überleben dieser aggressiven Zellen belegt. Sie entdeckten, dass die Blockierung der Interaktion von LSD1 mit anderen Proteinen ein wirksamerer Ansatz war als die Blockierung der enzymatischen Funktion von LSD1 in neuroendokrinen Prostatakrebszellen, was mit ihrer früheren Arbeit an Prostata-Adenokarzinom-Tumoren übereinstimmt.
„Letztendlich fanden wir heraus, dass eine Klasse von Medikamenten, die Protein-Protein-Interaktionen blockieren, viel effektiver war, um LSD1 zu stoppen und das Wachstum von Krebszellen zu verlangsamen“, sagte Dr. Anbarasu Kumaraswamy, Erstautor und Post-Doc im Alumkal-Labor.
Die Entdeckung der Funktionsweise von LSD1 in neuroendokrinen Prostatatumoren führte das Team zur Entdeckung einer weiteren Dimension dieses Proteins: LSD1 schaltet p53 aus –ein Tumorsuppressor-Gen.
Bei Untersuchungen, wie sich Gene veränderten, nachdem LSD1 gehemmt worden war, tauchte die Reaktivierung von p53 in allen Zellmodellen immer wieder auf. Das Team bestätigte, dass LSD1 p53 ausschaltet und es an der Bindung an die DNA hindert. LSD1-Inhibitoren reaktivierten p53 und unterdrückten das Tumorwachstum. „Die Tatsache, dass Zelllinien, denen p53 fehlte, weniger empfindlich auf die LSD1-Hemmung reagierten, gibt uns deutliche Hinweise auf die Bedeutung der Reaktivierung von p53 für die Anti-Tumor-Wirkung der LSD1-Hemmung“, so Alumkal.
Das Team testete LSD1-Inhibitoren an neuroendokrinen Prostatatumoren, die Mäusen implantiert wurden. Eines der getesteten Medikamente, Seclidemstat, befindet sich in einer klinischen Phase-I-Studie bei Sarkomen. In allen Fällen blockierte Seclidemstat das Wachstum der Tumoren und bei mehreren Tumoren kam es zu einer vollständigen Rückbildung. Wichtig ist, dass die Behandlung gut verträglich war und bei den Mäusen keine toxischen Wirkungen beobachtet wurden.
Laut Alumkal deuten die Forschungsergebnisse darauf hin, dass die Hemmung von LSD1 mit dieser Art von Medikamenten für Patienten mit neuroendokrinem Prostatakrebs von Nutzen sein könnte. „Die Tatsache, dass sich das von uns gefundene Medikament in der klinischen Erprobung befindet, lässt uns hoffen, dass wir in naher Zukunft klinische Studien entwickeln können, die auf LSD1 bei aggressivem Prostatakrebs abzielen“, sagte er. „Diese Erkenntnisse könnten auch zu einem verallgemeinerbaren Ansatz zur Reaktivierung der p53-Funktion bei anderen Krebsarten führen.“
Dieser Artikel Beruht auf einer Pressemitteilung der Michigan Medicine - University of Michigan. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Håkon Grimstad, Unsplash