Patienten mit schmerzenden Gelenken sind in der Hausarztpraxis keine Seltenheit. Gerade bei der rheumatoiden Arthritis heißt es: Je früher der Therapiebeginn, desto besser. Aber wie erkennt ihr sie?
„Patienten mit rheumatischen Erkrankungen haben meist eine lange Odyssee hinter sich“, sagt Dr. Falk Schumacher von der Klinik für Rheumatologie im Krankenhaus Porz am Rhein in Köln. „Wenn die Patienten dann bei uns Rheumatologen landen, rollen wir die Fälle meist komplett neu auf.“ Dabei hätten eine gute Anamnese und Untersuchung vieles schon recht schnell abklären können, meint Schumacher. Wie das gelingt, hat er zusammen mit Prof. Johannes Strunk in der DocCheck-CME-Veranstaltung „Dein Rheum-AHA-Effekt: Aktuelles zu Diagnostik und Therapie“ präsentiert. Im ersten Teil unserer Reihe dreht sich alles um die rheumatoide Arthritis.
Bei der rheumatoiden Arthritis (RA) handelt es sich um eine systemische Autoimmunerkrankung, die die Gelenkinnenhaut (Synovialis) befällt. Oft sind auch innere Organe betroffen. Die Prävalenz liegt bei etwa 1 %, damit zählt die RA zu den häufigsten inflammatorischen Gelenkerkrankungen. Frauen sind etwa dreimal so häufig betroffen wie Männer.
In der Praxis stellen sich Patienten oft mit schmerzenden und geschwollenen Finger- oder Handgelenken vor. Das Verteilungsmuster der betroffenen Gelenke kann schon erste Hinweise auf das Vorliegen einer RA geben. Am häufigsten betroffen sind die kleinen Hand- und Fußgelenke, allerdings mit wichtigen Ausnahmen, nämlich den distalen Interphalangealgelenken (DIP), also Finger- oder Zehenendgelenken, sowie den Daumensattelgelenken. Von den großen Gelenken können Schultergelenk, Ellenbogengelenk, Hüftgelenk, Kniegelenk und Sprunggelenk betroffen sein.
„Es ist wichtig, sich den Patienten genau anzuschauen und ihn zu verstehen“, sagt Schumacher. „Dazu gehört, die betroffenen Gelenke zu fühlen.“ Denn die Beschaffenheit der Gelenke kann bereits in der klinischen Untersuchung auf die richtige Spur führen: Ist das Gelenk synovitisch, also gallertartig weich, geschwollen? Gibt es Rheumaknoten an den Streckseiten der Gelenke oder schmerzt der Händedruck (Gaenslen-Zeichen)? Zu den wichtigen Symptomen zählt zudem eine mehr als 60 Minuten andauernde Morgensteifigkeit – die kann zwar auch bei anderen Gelenkerkrankungen auftreten, ist aber meist nicht so ausgeprägt.
Zur Diagnose der RA gehören neben der Anamnese und klinischen Untersuchung natürlich auch die Labordiagnostik und Bildgebung. „Das konventionelle Röntgen hat nach wie vor einen großen Stellenwert“, sagt Schumacher. Außerdem wichtig sind Gelenksonographie und das MRT, mit letzterem ist z. B. ein Knochenmarksödem in der Frühphase erkennbar. Skelettszintigrafie, sowie das CT und PET haben laut Schumacher hingegen nur eine geringe diagnostische Bedeutung. Was genau man in der Bildgebung bei der RA sieht, könnt ihr euch übrigens im passenden Flexikon-Artikel anschauen.
Im Labor sind die CRP- und BSG-Werte leicht bis mäßig erhöht; es kann eine Anämie vorliegen. Neben dem Rheumafaktor gibt vor allem der CCP-Antikörper Hinweise auf eine RA. Ein CCP-Assay weist immerhin eine Sensitivität von 80 % und eine Spezifität von nahezu 98 % auf – der Rheumafaktor kommt nur auf eine Sensitivität von 60 % und eine Spezifität von 80 %. Aber Vorsicht: „Es ist kein Ausschluss der rheumatoiden Arthritis durch normale Laborbefunde möglich!“, mahnt Schumacher.
Mithilfe der ACR/EULAR-Klassifikationskriterien kann schließlich die Diagnose RA gestellt werden (s. Tabelle). Die Klassifikation erzeugt mit ihren 4 Kriterien einen Punktwert zwischen 0 und 10 Punkten. Bei einer Punktzahl von ≥ 6 Punkten kann der Arzt die Diagnose stellen.
Steht die Diagnose, sollten Patienten immer auch von einem internistischen Rheumatologen mitbetreut werden, findet Schumacher. Therapieentscheidungen richten sich unter anderem nach der Vortherapie, Krankheitsaktivität, Vorliegen von Erosionen, Ko-Morbidität und Präferenz des Patienten. Je früher die Therapie begonnen wird, desto besser: Im Idealfall beginnt man innerhalb von 12 Wochen nach Symptombeginn mit der Basistherapie. Dann sind die Chancen für die Krankheitsremission gut. „Zwar ist das Ziel der Behandlung die Remission, doch wenn die nicht erreicht werden kann, sollte möglichst eine niedrige Krankheitsaktivität angestrebt werden“, so der Rheumatologe.
Zur langfristigen Therapie eignen sich konventionelle Basismedikamente (DMARDs), vor allem Methotrexat (initial: 10–25 mg/Woche). Alternativ können auch Leflunomid und Sulfasalazin eingesetzt werden. Da der Wirkeintritt allerdings erst nach Wochen bis Monaten erfolgt, kommen Glukokortikoide, etwa mit Prednisolon, zur Überbrückung in Frage. Bessert sich der Zustand unter der Basistherapie nach 3 Monaten nicht, kann man Biologika in Betracht ziehen. Die sind zwar sehr teuer und können nur parenteral verabreicht werden, doch sie punkten mit einer hohen Wirksamkeit, guter Verträglichkeit und raschem Wirkeintritt. Schumacher nennt Adalimumab, Rituximab und Tocilizumab als Beispiele. Relativ neu in der Behandlung der RA sind Januskinase-Inhibitoren (JAK) – hier gibt es allerdings einige Einschränkungen. Patienten sollten z. B. nicht älter als 65 Jahre sein, in der Vergangenheit nicht geraucht haben oder ein Risiko für kardiovaskuläre Komplikationen aufweisen.
Zu guter Letzt nennt Schumacher nicht medikamentöse Therapieoptionen, „mit denen man auch sehr gute Erfolge erzielt“. Neben Radiosynoviorthese und operativen Methoden, wie der Synovektomie, Arthrodese und Gelenkersatz, spielen auch Physiotherapie und Ergotherapie eine große Rolle. „Wichtig ist, dass wir den Patienten früh mit ins Boot holen und bestmöglich über seine Krankheit informieren“, meint Schumacher. „Denn nur so wird die Therapie auch in die Tat umgesetzt.“
Bildquelle: Imani Bahati, unsplash