Ja, Sport ist gesund, das wissen wir. Doch gerade der Profisport hat auch seine Schattenseiten – vor allem, wenn es um die Familienplanung geht. Das sollten Ärzte auf dem Schirm haben.
Arbeitet man in der Sportmedizin und abonniert die typischen Fachzeitschriften, fällt auf, dass ein Thema kaum erwähnt wird: Sport und Familienplanung. Das geht so weit, dass an vielen Einrichtungen des Spitzensports keine Betreuungsangebote für Kleinkinder vorgesehen sind und der Impuls zu zyklusorientiertem Training und gynäkologischen Informationsangeboten aus dem Profisport selbst herauskommt.
Während man bei männlichen Sportlern davon ausgeht, dass die Familienplanung Thema der Partnerin ist, wurde bei weiblichen Sportlern viele Jahre lang die Familienplanung erst nach der Profisportkarriere angegangen. Mit immer längeren sportlichen Karrieren wird das Thema Sport und Fertilität jedoch relevanter. Wesentlicher Treiber in der Forschung zu Sport und Fertilität ist jedoch die Gynäkologie und Reproduktionsmedizin, weniger die Sportmedizin selbst. Daher hier eine kurze Zusammenfassung zum aktuellen Wissenstand des Einflusses von Sport auf die Fertilität.
Die Studienlage zu Sport und Fertilität des Mannes ist sehr begrenzt. Relativ große Bekanntheit hat jedoch eine Studie zum intensiven Radrennsport und der dadurch reduzierten Spermienkonzentration- und Motilität erhalten, weswegen bei Kinderwunsch eine maximale Radsportzeit von 5 Stunden wöchentlich empfohlen wird. Eine Interventionsstudie aus dem Iran im Jahr 2016 fand jedoch heraus, dass vor allem moderates sportliches Training einen positiven Einfluss auf Spermien haben kann, weswegen Sport für Männer prinzipiell empfohlen wird.
Bei Frauen ist der Einfluss von Sport auf die Fertilität wesentlich vom Ausgangs-BMI und Trainingspensum und weniger von der spezifischen Sportart abhängig. Bei übergewichtigen Frauen kann eine Gewichtsreduktion durch Sport zu einem regelmäßigeren Zyklus und einer verbesserten natürlichen Empfängnis führen. Intensive sportliche Aktivität, wie z. B. Profisport, kann zu anovulatorischen Zyklen führen. Daher ist die gynäkologische Anamnese ein wesentlicher Bestandteil jeder sportmedizinischen Untersuchung. Insbesondere bei längerem Ausbleiben der Periode oder unregelmäßigen Zyklen wird eine gynäkologische und endokrinologische Angliederung empfohlen.
Eine dänische Studie hat zudem gezeigt, dass bei Frauen mit einem BMI unter 25 intensive sportliche Betätigung zu einer reduzierten Fertilität führt. Die deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe hat deswegen in ihrer Leitlinie zur Diagnostik und Therapie vor einer assistierten reproduktionsmedizinischen Behandlung empfohlen, bei Kinderwunsch nicht mehr als 5 Stunden wöchentlich intensivem Sport nachzugehen. Ein beeinflussender Faktor könnte bei sportlich sehr aktiven Frauen das geringe Körpergewicht sowie die oft ballaststoffreiche und fettarme Ernährung sein. Leistungssport kann hier zu einer geringeren Lebendgeburtrate führen.
Bei Übergewicht hat Sport also einen therapeutischen Effekt, um anovulatorischen Zyklen durch Gewichtsreduktion entgegen zu wirken, bei Normal- und Untergewicht kann intensiver Sport jedoch selbst zu anovulatorischen Zyklen führen. Wichtig ist in jedem Fall, dass betreuende Ärzte Sportlerinnen aktiv in Bezug auf Zyklus und Training als auch mögliche Konsequenzen von Untergewicht und exzessivem Training auf die Fertilität aufklären.
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