Comeback eines Trends: Lachgas ist auch in Deutschland wieder in! Aber das Party-Gas ist alles andere als ungefährlich. Lest hier mehr zu den Risiken und Folgen.
Gute Laune aus bunten Ballons – Distickstoffmonoxid (N2O), auch Lachgas genannt, erfreut sich aktuell wieder großer Beliebtheit. Während unser Nachbar, die Niederlande, zu Beginn diesen Jahres das Party-Gas als Rauschmittel klassifiziert und den Besitz sowie den Verkauf verboten haben, kann das Gas hierzulande jeder ganz einfach kaufen und konsumieren. Das Legal-High wird sogar ohne Altersbeschränkung verkauft und wird immer mehr zur Trend-Droge. In Städten wie Berlin und Frankfurt beobachten Sozialarbeiter und Polizei aktuell eine Zunahme des Konsums, aber woran liegt das?
Freiverkäuflich und mit Kokosnuss-Geschmack – der Rausch aus dem Kiosk an der Ecke ist ein niederschwelliges Angebot, das viel genutzt wird. In Form von kleinen Kartuschen, die eigentlich zur Herstellung von Sprühsahne gedacht sind, kann das Lachgas schon für kleine Beträge erstanden werden. Meist wird das Gas aus den Behältnissen in Luftballons überführt und anschließend inhaliert. Das „High“ hält dann für wenige Sekunden bis etwa einige Minuten an und führt zu Euphorie, Losgelöstheit und es betäubt. Dank verschiedener Anbieter, die ihre Kartuschen (teils bis zu Zwei-Kilogramm-Behältnisse) mit Aromen versetzen, können sich Konsumenten mit dem Geschmack von tropischen Früchten in den Rausch atmen. Diese Anbieter richten sich bewusst an ein gewisses Publikum und schalten ihre Werbung daher auch auf Social-Media Plattformen wie TikTok.
Die Plattform, auf der Kurz-Videos gepostet werden, spielt dabei eine große Rolle in der aktuellen Trend-Welle um Lachgas. Es kursieren Videos, in denen junge Menschen vor der Kamera Lachgas inhalieren – oftmals eines, dem Geschmack beigefügt wurde. Es folgt: Lachen und losgelöste Stimmung. Doch es gibt auch besorgniserregende Videos in denen die User ohnmächtig werden, apathisch wirken oder Symptome von neurologischen Ausfällen zeigen.
Lachgas wird in der Regel mithilfe von Ballons konsumiert – davon werden häufig mehrere pro Tag inhaliert. Eine potentielle Gefahr ist, dass Unerfahrene das Gas direkt aus der Kartusche inhalieren. Dabei kann es zu Erfrierungen im Mund-Rachen Bereich und der Lunge kommen. Das enthaltene Distickstoffmonoxid birgt aber auch andere Risiken.
Der regelmäßige Konsum stört wichtige Stoffwechselwege im Körper, die von Cobalamin (Vitamin B12) abhängig sind. Das ist zum einen die Synthese von Methionin aus Homocystein über das Enzym Methioninsynthase. N2O oxidiert das Cobalt in Methylcobalamin, wodurch der Transfer der Methylgruppe auf Homocystein nicht mehr möglich ist. Das sorgt auch dafür, dass die Synthese von Tetrahydrofolat (THF) zum Erliegen kommt. Dies ist jedoch essenziell für die Synthese von Purinen und Pyrimidinen für die DNA. Ein weiterer Pathway, der durch das Lachgas gestört wird, ist die Synthese von Succinyl-CoA – ein wichtiges Coenzym im Citratzyklus.
Der regelmäßige Konsum kann außerdem zu Myelopathie führen, wobei es in der Regel auch zu einer Degeneration der Halswirbelsäule kommt. Weitere Folgen können eine periphere sensomotorische Neuropathie, sowie Encephalopathie sein.
Die Symptome treten in der Regel nach wenigen Wochen auf, manchmal jedoch erst nach mehreren Monaten. Auch wenn Lachgas in vereinzelten Fällen zur medizinischen Anwendungen kommt und eben solche Begleiterscheinungen dabei auftreten können, finden sich Symptome vornehmlich bei Konsumenten, die Lachgas in ihrer Freizeit verwenden. Es gibt keinen Schwellenwert, unterhalb dessen ein Konsum als unbedenklich oder risikofrei genannt werden kann.
Solltet ihr Patienten mit genannter Symptomatik sowie einem Mangel an Vitamin B12 haben, lohnt sich ein zweiter Blick. Insbesondere Jugendliche und junge Erwachsene sind Adressaten der Social-Media-Werbung von Lachgas und sollten daher als vulnerable Gruppe angesehen werden. Stellt ihr zusätzlich zum Cobalamin-Mangel auch eine Erhöhung des Homocystein- und Methylmalonsäure-Wertes fest, solltet ihr nochmal nachhaken.
Ist ein Missbrauch von Distickstoffmonoxid die Ursache der Erkrankung, sollte der Konsum dringend eingestellt werden. Patienten können dann mit Supplementierung von B12 behandelt werden. Dabei empfiehlt sich eine tägliche intramuskuläre Injektion über ein bis zwei Wochen mit anschließender oraler Einnahme. Von einer Zugabe von Folat sollte aber bis zur Normalisierung des B12 Wertes abgesehen werden, da dies die Genesung verlangsamen könnte. Die meisten Patienten sprechen gut auf diese Behandlung an, wobei allerdings ein Drittel nur langsam eine Besserung der Symptome erfährt. Schäden des Nervensystems können auch langfristig und irreversibel sein.
Es ist also wichtig, junge Erwachsene über die Risiken des Lachgas-Konsums aufzuklären. Auch wenn das Risiko einer körperlichen Abhängigkeit fast nicht vorhanden ist, so können chronische Konsumenten psychisch abhängig werden. Je höher der Bedarf pro Tag wird, desto größer auch die Risiken für eine Schädigung des Nervensystems. Durch das niedrigschwellige Angebot und bunte Kartuschen mit Obst-Geschmack sind Risiken möglicherweise nicht präsent – Aufklärung könnte hier Klarheit verschaffen.
Eine Reglementierung des Verkaufs in Deutschland ist derzeit nicht in Sicht.
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