Wissenschaftler haben erstmals eine Verbindung zwischen einer Adenovirus-Infektion und einer seltenen Blutgerinnungsstörung hergestellt. Ihre Untersuchungen zeigen, wie aus einer harmlosen Erkältung eine Thrombozytopenie werden kann.
Bei Schürfwunden und anderen Verletzungen bilden Thrombozyten Blutgerinnsel, um diese zu verschließen. Virusinfektionen, Autoimmunerkrankungen und weitere Erkrankungen können jedoch dazu führen, dass die Konzentration der Zellfragmente im Körper sinkt und eine Thrombozytopenie vorliegt. In einer Studie brachten Forscher der University of North Carolina nun erstmals eine Adenovirus-Infektion mit einer schweren Form der Thrombozytopenie in Verbindung. Die Studienergebnisse werfen ein neues Licht auf das Virus und seine Rolle bei der Verursachung einer Störung des Blutplättchenfaktors 4 (PF4).
Bei Anti-PF4-Erkrankungen bildet das Immunsystem von Betroffenen Antikörper gegen den Plättchenfaktor 4 (PF4). Wenn sich ein Antikörper gegen PF4 bildet und daran bindet, kann dies die Aktivierung und den schnellen Abbau von Blutplättchen im Blutkreislauf auslösen, was zur Blutgerinnung bzw. zu einem Mangel an Blutplättchen führt.
Die Wissenschaftler stießen auf ihre Erkenntnisse als ein 5-jähriger Junge, bei dem ambulant eine Adeno-Virusinfektion diagnostiziert worden war, mit einer zerebralen Sinusvenenthrombose und einer schweren Thrombozytopenie in eine US-amerikanische Klinik kam. Die Ärzte stellten fest, dass der Patient weder mit Heparin (HIT) noch mit der Adeno-Vektor-Impfung gegen COVID-19 (VIIT) – den klassischen Auslösern für eine Thrombozytopenie – in Kontakt gekommen war.
„Er sprach nicht auf die klassische Therapie an und sein Zustand verschlechterte sich. Wir fragten uns dann, ob es angesichts der Impfdaten einen Zusammenhang mit seinem Adenovirus geben könnte, aber in der Literatur gab es zu diesem Zeitpunkt keine Hinweise darauf“, erklärt Studienautorin Dr. Jacquelyn Baskin-Miller. Als die Forscher dann auf den HIT-Antikörper testeten, war das Ergebnis positiv.
Nach Rücksprache mit weiteren ärztlichen Kollegen erfuhren die Studienautoren, dass es eine weitere Patientin mit einer schweren Thrombozytopenie gab, die weder mit Heparin noch mit Impfstoffen in Kontakt gekommen war. Die Patientin hatte zudem mehrere Blutgerinnsel, einen Schlaganfall und einen Herzinfarkt sowie tiefe Venenthrombosen in Armen und Beinen erlitten. Auch berichtete die Patientin von viralen Symptomen wie Husten und Fieber zu Beginn und wurde schließlich positiv auf eine adenovirale Infektion getestet. Der Test auf einen Anti-PF4-Antikörper fiel ebenfalls positiv aus. Durch eine Blutanalyse bestätigte sich, dass die Antikörper gegen den Thrombozytenfaktor 4 gerichtet waren – ähnlich wie die HIT-Antikörper.
Überraschenderweise ähnelten die Antikörper denen der VITT und banden an PF4 in der gleichen Region wie die VITT-Antikörper. Die Ärzte und Wissenschaftler kamen zu dem Schluss, dass beide Patienten an einer spontanen HIT oder einer VITT-ähnlichen Störung litten, die mit einer Adenovirusinfektion in Verbindung stehen muss.
„Diese Adenovirus-assoziierte Störung ist jetzt eine von vier anerkannten Anti-PF4-Störungen“, erklärt Studienautor Prof. Moll. „Wir hoffen, dass unsere Erkenntnisse zu einer früheren Diagnose, einer angemessenen und optimierten Behandlung und zu besseren Ergebnissen bei Patienten führen, die diese lebensbedrohliche Erkrankung entwickeln.“ Dennoch bleiben viele Fragen offen wie etwa, ob die Erkrankung auch durch andere Viren verursacht werden kann und warum diese Erkrankung nicht bei jeder Infektion mit Adenoviren auftritt.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der University of North Carolina Health Care. Hier findet ihr die Originalpublikation.
Bildquelle: Colourblind Kevin, unsplash.