„One size fits all“ – das funktioniert nicht mal beim Blutdruckmessen. Eine falsche Manschette führt schnell zu falschen Messwerten, im schlimmsten Fall sogar zur Übertherapie.
„Leider habe ich sehr dicke Oberarme, der Umfang beträgt 44 Zentimeter“, schreibt eine Patientin auf der Seite der Herz-Sprechstunde der Deutschen Herzstiftung. Ihr Arzt scheint wohl Standard-Manschetten bei der Blutdruckmessung zu verwenden. Das ist nicht nur schmerzhafter als die Bestimmung von Werten zu Hause. „Die Messung beim Arzt mit Oberarmmanschette fällt regelmäßig erheblich höher aus“, wundert sich die Frau. Doch wie bedeutsam sind solche Effekte wirklich? Das wollten Forscher aus den USA mit einer Studie klären.
Um Teilnehmer zu finden, wählten sie bewusst niedrigschwellige Kontakte. Das Team sprach Menschen beim Einkaufen im Supermarkt an. Hinzu kamen Bewohner einer Seniorenresidenz. Über Mailings wurden weitere Personen aus der Bevölkerung rekrutiert. Kontakte gab es auch zu Ärzten, die viele Menschen mit arterieller Hypertonie betreuen.
Alle Teilnehmer unterzogen sich vier unterschiedlichen Blutdruckmessungen. Bei den ersten drei Messungen arbeitete das Studienteam in zufälliger Reihenfolge mit einer optimalen, einer zu kleinen oder einer zu großen Blutdruckmanschette. Die vierte Messung wurde immer mit der passenden Manschette durchgeführt.
Insgesamt wurden 195 Erwachsene (mittleres Alter 54 Jahre; 34 % Männer) in die Studie aufgenommen.
Der absolute Blutdruck und der Body Mass Index spielten bei der Studie jedoch keine Rolle. „Dies ist besorgniserregend für Einrichtungen, in denen routinemäßig eine reguläre Blutdruckmanschettengröße für alle Personen verwendet wird, unabhängig von der Armgröße“, kommentieren die Autoren.
Nur für 28 % der Probanden war die reguläre Größe (M) perfekt. Ihr Umfang des Oberarms lag bei 25,1 cm bis 32 cm. 18 % der Teilnehmer mit einem Umfang von 20 bis 25 cm benötigten „S“. Bei 34 % mit 32,1 bis 40 cm erwies sich „L“ als ideal und für 21 % der Teilnehmer mit 40,1 bis 55 cm war „XL“ perfekt.
Mathias Lalika von der Mayo-Clinic in Rochester und Kollegen kritisieren in einem Kommentar, Blutdruckmessungen seien als Teil der Routinediagnostik eben häufig – und häufig wohl auch mit Fehlern verbunden. Von Ärzten fordern sie mehr Sorgfalt, um Übertherapien zu vermeiden.
Worauf ist zu achten? In den Pocket-Leitlinien zur arteriellen Hypertonie geben Experten für Deutschland folgende Empfehlungen: „Die Standardmanschette (12–13 cm breit und 35 cm lang) passt für die meisten Patienten; größere und kleinere Manschetten für dickere (Armumfang > 32 cm) und dünnere Arme sollten verfügbar sein.“
Die Deutsche Herzstiftung empfiehlt Ärzten: „Ab einem Oberarmumfang von 33 Zentimetern sollte für das Blutdruckmessen eine Manschette benutzt werden, die mindestens 15 bis 18 Zentimeter breit ist und zudem einen längeren aufblasbaren Anteil hat (circa 33 Zentimeter).
Bildquelle: Cuttersnap, unsplash