Sind Radfahren und Yoga für Epilepsie-Patienten tabu? Lange Zeit war die Antwort auf diese Frage: Ja! Jetzt könnte sich der Status quo ändern.
Lange Zeit wurde Menschen mit Epilepsie davon abgeraten, Sport zu treiben – aus Angst vor sportinduzierten Verletzungen, einer möglichen Anfallsinduktion oder einem negativen Einfluss auf den Verlauf der Erkrankung. Diese Empfehlung basierte jedoch auf veralteten Vorstellungen und fehlenden wissenschaftlichen Belegen. In den letzten Jahren haben sich immer mehr Studien mit dem Thema Sport und Epilepsie beschäftigt und gezeigt, dass körperliche Aktivität in den meisten Fällen nicht nur sicher, sondern auch vorteilhaft für Menschen mit Epilepsie sein kann.
Dass Sport und körperliche Aktivität die Lebensqualität von Menschen verbessern können, ist in der medizinischen Forschung mittlerweile ein alter Hut. Ihnen werden in der Forschung verschiedene positive Eigenschaften zugeschrieben. Sport kann das Selbstwertgefühl stärken, die Stimmung heben, Stress abbauen und soziale Kontakte fördern. Außerdem kann er das Risiko für Komorbiditäten wie Übergewicht, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Osteoporose senken.
Darüber hinaus können Sport und körperliche Aktivität auch positive Effekte auf das Gehirn haben und eine Verbesserung der kognitiven Funktionen fördern sowie das Risiko an einer Demenz oder Depression zu erkranken verringern. Mittlerweile ist auch bekannt, dass insbesondere Epilepsie-Patienten an den genannten Komorbiditäten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder aber auch Demenzen und Depression leiden. Demnach sollte also Sport insbesondere für Patienten mit Epilepsie eine ideale Freizeitgestaltung darstellen, oder?
Laut einer Metaanalyse sind die Ergebnisse bezüglich des Einflusses von Sport und körperlicher Aktivität auf die Anfallsfrequenz oder -schwere uneindeutig. Bei einigen Patienten nahm die Anfallsfrequenz ab, bei anderen hingegen zu, sodass sich kein klares Bild ergab. Fakt ist, dass Sport bei einem Teil der Epilepsie-Patienten tatsächlich Anfälle auslösen kann, sodass bei dieser Patientengruppe besondere Vorsicht geboten ist. Ein allgemeines Sportverbot für alle Patienten mit Epilepsie sollte daher aber nicht ausgesprochen werden.
Deswegen gibt es für Epilepsie-Patienten bezüglich körperlicher Aktivität einige Dinge zu beachten – denn nicht jede Sportart ist für Patienten mit Epilepsie geeignet. Bewegungsaktivitäten, die die Ausdauer verbessern und die Knochen kräftigen, werden allgemein empfohlen. Dazu gehören zum Beispiel strammes Spazierengehen, Gartenarbeit, Radfahren oder Volleyball. Auch Golf, Federball, Yoga oder Fitness können in Betracht kommen. Einige Sportarten wie Skifahren oder Schwimmen sollten besser nur mit geschulter Begleitung ausgeübt werden, da es im Fall eines Anfalls ansonsten zu schweren Verletzungen oder gar Ertrinken kommen kann.
Als ungeeignet gelten klassische Risikosportarten wie Mountainbiking, Reiten, Fallschirmspringen oder Boxen. Generell gilt, dass Mitspieler und Personen, die im Sportverein eine Leitungsfunktion innehaben, über die Epilepsie-Krankheit informiert werden sollten.
Sport und körperliche Aktivität sind in den meisten Fällen nicht nur sicher, sondern auch vorteilhaft für Menschen mit Epilepsie. Sie können die Lebensqualität verbessern und das Risiko für Komorbiditäten senken. Die Wahl der Sportart sollte individuell an den Betroffenen angepasst werden und einige Vorsichtsmaßnahmen sollten beachtet werden, um das Verletzungsrisiko zu minimieren.
Es ist daher wichtig, Menschen mit Epilepsie über die Gefahren, welche sich bei der Ausübung bestimmter Sportarten ergeben können, aufzuklären – sie sollten aber auch aktiv dazu ermutigt werden, Sport zu treiben und sich zu Bewegen.
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