Eine Studie zeigt, dass Herzinsuffizienzpatienten von einem Telemonitoring profitieren können – egal ob eine erhaltene oder nur leicht reduzierte Pumpfunktion vorliegt. Wissenschaftler fordern jetzt den gleichen Versorgungsanspruch für alle.
Rund 64 Millionen Menschen weltweit leiden an einer Herzinsuffizienz, davon mehr als 3 Millionen in Deutschland. Eine große Hoffnung in der Behandlung dieser Volkskrankheit liegt in der Telemedizin – also der regelmäßigen Fernüberwachung von Vitalparametern, die eine frühere Reaktion bei Hinweisen auf Verschlechterung ermöglicht.
Im Dezember 2020 beschloss der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) die telemedizinische Versorgung von Patienten mit fortgeschrittener Herzschwäche in das ambulante Leistungsangebot der gesetzlichen Krankenkassen mit aufzunehmen. „Allerdings haben bisher nur Patientinnen und Patienten mit einer deutlich reduzierten linksventrikulären Pumpfunktion diesen gesetzlichen Versorgungsanspruch, also erst, wenn die LVEF weniger als 40 Prozent beträgt,“ erläutert Erstautor Dr. Fabian Kerwagen.
Neben der Herzinsuffizienz mit reduzierter Pumpfunktion (HFrEF), gibt es die Herzinsuffizienz mit leichtgradig reduzierter Pumpfunktion und Herzinsuffizienz mit erhaltener Pumpfunktion, kurz HFpEF. „Ausgerechnet für die beiden bisher von der telemedizinischen Versorgung ausgeschlossenen Formen gibt es deutlich weniger evidenzbasierte Behandlungsmöglichkeiten als für die HFrEF. Der Bedarf an wirksamen Therapien für diese beiden Formen ist daher besonders hoch“, erklärt Dr. Kerwagen.
Die neuen Einsichten beruhen auf einer Sekundärauswertung der im Jahr 2018 veröffentlichten TIM-HF2-Studie. Diese kontrollierte multizentrische Versorgungsforschungsstudie wurde unter Einbeziehung von 1.538 Patienten durchgeführt. „TIM-HF2 zeigte, dass sich im deutschen Gesundheitssystem das Leben von Herzinsuffizienzpatienten durch telemedizinische Unterstützung verlängern und die Krankenhauswiederaufnahme reduzieren lässt. Damit haben die Ergebnisse von TIM-HF2 entscheidend dazu beigetragen, dass der neue Versorgungsansatz als erstes digitales Behandlungsprogramm überhaupt in die Regelversorgung aufgenommen wurde“, berichtet der Studienleiter der TIM-HF2 Studie, Friedrich Köhler.
In der prästratifizierten Sekundärauswertung wurde untersucht wie sich die zwölfmonatige telemedizinische Betreuung auf die Zahl der ungeplanten Krankenhaustage und Todesfälle bei den drei Formen der Herzinsuffizienz auswirkt: also bei Herzinsuffizienz mit höhergradig reduzierter, mit leicht reduzierter oder mit erhaltener Pumpfunktion. Die Fernüberwachung wurde durch ein externes EKG- und einem Gerät zur Messung der peripheren kapillaren Sauerstoffsättigung (SpO2) sowie des nicht-invasiven Blutdrucks und des Körpergewichts gewährleistet. Zudem bestand jederzeit bedarfsorientierter Telefonkontakt zwischen medizinischen Betreuern und Patienten. Das Ergebnis: „Wir konnten zeigen, dass alle Patientinnen und Patienten von einer telemedizinischen Mitbetreuung profitieren – unabhängig von der Pumpfunktion“, konstatiert Kerwagen.
Stefan Störk, Letztautor der Studie, freut sich über dieses wichtige Ergebnis und hofft, dass die telemedizinisch unterstützte Versorgung bald für alle Herzinsuffizienz-Patienten zugänglich sein wird. „Wir setzen uns schon sehr lange für diesen Versorgungsansatz ein. Denn das hochkomplexe Krankheitsbild Herzinsuffizienz benötigt eine umfassende Betreuung.“
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung des Universitätsklinikums Würzburg. Hier findet ihr die Originalpublikation.
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