Wissenschaftler haben jetzt neue genetische Risikofaktoren entdeckt, welche eine Parkinsonerkrankung begünstigen können. Durch das Wissen um die Gen-Zusammensetzung und den Krankheitsverlauf erhoffen sie sich, einer individuellen Parkinsontherapie näher zu sein.
Neurowissenschaftler haben gemeinsam mit internationalen Kollegen sechs bisher unbekannte genetische Risikofaktoren für die Parkinson-Erkrankung identifiziert. Die Basis der weltweit größten Meta-Analyse bildeten sieben Millionen genetische Variationen auf dem gesamten menschlichen Chromosomensatz. Dafür untersuchten die Forscher DNA-Proben von 19.061 Parkinson-Patienten und 100.833 gesunden Personen europäischer Abstammung. Die Ergebnisse zeigen, dass sich das Risiko, an Parkinson zu erkranken, bei Vorhandensein mehrerer ungünstiger Genvarianten bis auf ein Dreifaches erhöhen kann. Die Identifizierung dieser Genvarianten gewährt einen besseren Einblick in die molekulare Entstehung der Krankheit und könnte zur Entwicklung neuer Therapiestrategien führen.
Insgesamt konnten die Forscher um Prof. Dr. Thomas Gasser, Hertie-Institut für klinische Hirnforschung (HIH) der Universität Tübingen und Tübinger Standort des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE), 28 Risikofaktoren in 24 verschiedenen Genen identifizieren. Darunter waren auch die sechs neuen Risikogene. Eine der neu entdeckten Varianten hat, so die Annahme, Einfluss auf die Produktion wichtiger Botenstoffe im Gehirn, wie beispielsweise Dopamin. Bei Parkinson führt das Absterben der Dopamin produzierenden Nervenzellen in der Substantia nigra im Mittelhirn zu den charakteristischen Bewegungsstörungen. Die gewonnenen Daten sind für alle Forscher in einer Datenbank (dbGAP) zugänglich.
In einer weiteren Analyse haben die Neurowissenschaftler ein individuelles Risikoprofil für jeden Probanden erstellt. „Obwohl die Wirkung jedes einzelnen Gens gering war, zeigte unsere Risikoprofil-Analyse, dass ein wesentliches kumulatives Risiko besteht“, berichtet Claudia Schulte. Das heißt, dass für Personen, die die höchste Anzahl an Risikofaktoren haben, ein bis zu dreifach höheres Erkrankungsrisiko bestehen kann. Ein einzelnes Risikogen reicht jedoch nicht aus, um die Erkrankung definitiv vorherzusagen, so Schulte. Weitere Faktoren wie Umwelteinflüsse (Pestizide oder Schwermetalle) sowie familiär vererbte Mutationen müssen hierfür berücksichtigt und noch weiter erforscht werden. Darüber hinaus untersuchen die Forscher derzeit, ob die spezifische Zusammensetzung der entdeckten genetischen Risikofaktoren bei Parkinson-Patienten auch Auswirkungen auf den spezifischen Krankheitsverlauf hat. „Gelingt es uns, diese Zusammenhänge zu klären, kommen wir damit einer individuellen personalisierten Parkinson-Therapie ein Stück näher“, hofft Schulte. Originalpublikation: Large-scale meta-analysis of genome-wide association data identifies six new risk loci for Parkinson´s disease Thomas Gasser et al.; Nature Genetics, doi: 10.1038/ng.3043; 2014