Der Zeitplan steht, die Umsetzung läuft – doch wie genau funktioniert die Ausstellung eines E-Rezepts? Euer Bundesgesundheitsminister erklärt.
Das Thema ist mindestens so alt wie die Kupferkabel, die in Deutschlands Böden eine Digitalisierung garantieren sollen – die elektronische Patientenkarte und das E-Rezept. Anno 2003 entwickelte Karl Lauterbach, damals Berater der Ministerin Ulla Schmidt, erste Pläne für elektronische Rezepte und Akten.
Nach 20 Jahren soll es jetzt beim E-Rezept so weit sein: Zum 1. Januar 2024 soll es verpflichtend werden. Aktuell läuft vielerorts bereits die Umstellung. Noch nicht viele, aber immer mehr ausgestellte Rezepte sind die neuen E-Rezepte. Unter anderem der KV-Bezirk Westfalen-Lippe legt ordentlich vor, andernorts geht es etwas langsamer. Eine Pressekonferenz zur praktischen Umsetzung direkt vor Ort in bzw. an einer Berliner Arztpraxis sollte nun die Letzten überzeugen und das Rüstzeug für ihren praktischen Alltag mitgeben.
Das Prozedere sei dabei nicht schwieriger als bei vielen anderen digital oder mit Karte abgerechneten Diensten. So könne man künftig bundesweit „mit seiner Gesundheitskarte, per App oder mit einem Code das Rezept abrufen. Dazu legt die Arztpraxis das Rezept auf einem Server ab, auf den die Apotheke dann nach Authentifizierung des Patienten zugreifen kann“, so der Minister. Für die Arztpraxis unterscheidet sich die Rezepterstellung in der Praxis-IT kaum vom bisherigen Vorgehen. Der Zettel, der am Ende rauskommt, wenn nicht die App oder die Gesundheitskarte genutzt werden, ist nicht mehr rosa, sondern weiß und nicht mehr klein, sondern groß. Papierlos sind die beiden anderen Optionen: Die App, die es bisher schon gab, die aber kaum jemand nutzt und die Nutzung der eGK als den Patienten identifizierendes Medium in der Apotheke. Letzteres ist neu.
Sowohl die Variante per Gesundheitskarte als auch in der von der Gematik eigens entwickelten App seien dabei sicherer, als „einen Zettel von A nach B zu tragen“, wie Lauterbach es formulierte. Doch auch die Zettel-Variante – bei der ein Barcode auf das Rezept gedruckt wird, der den Ablageort auf dem Rezeptserver kennzeichnet – ist weiterhin für alle noch möglich. Entscheide sich ein Kunde gegen die elektronischen Varianten, kann der Arzt weiterhin eine entsprechende Papiervariante ausdrucken.
Der Minister wie auch Vertreter von Apotheken und Krankenkassen versprechen sich derweil viel von der Umsetzung und weisen auf positive Rückmeldungen aus dem Praxisalltag hin. „Es wird den Ablauf erleichtern, Zeit einsparen und Sicherheiten für Patienten herstellen“, so Lauterbach.
„Wir sind auf einem guten Weg“, sagt auch eine ABDA-Sprecherin und spricht damit auch die Änderungen seit dem 1. Juli an. Während bis dato neben der Gesundheitskarte noch ein NFC-fähiges Smartphone samt spezieller App und 6-stelligem PIN benötigt wurde, ist es nun alternativ ausschließlich die eGK. Über 80 Prozent der Apotheken können auf dem neuen Weg bereits Medikamente aushändigen bzw. Rezepte einlösen – bis Ende August sollen es 100 Prozent sein.
Andere sind auch ganz freudig erregt. „In der Tat sind heute gute Ideen vorgestellt worden. Diese bieten große Sicherheit und die Anforderungen sind sehr einfach umzusetzen. Es ist tatsächlich ein Startschuss der Digitalisierung“, bestätigt Helge Dickau vom GKV-Spitzenverband den Minister.
Wird die Sache dann auch wirklich mit allen Praxis-IT-Systemen funktionieren? „Die Vielfalt an IT-Anbietern für Apotheker und Arztpraxen ist ein großes Plus. Es muss und wird funktionieren und für alle robust sein. Wenn es einzelne IT-Hersteller gibt, die diese Standards nicht herstellen können, werden wir diese einbestellen. Es kann nicht sein, dass das System nicht funktioniert, weil Einzelne es nicht schaffen“, lässt Lauterbach seinen Willen zur Umsetzung durchblicken.
Dass nach mehrmaligen Überarbeitungen nun noch Gegenwind aus einer Richtung komme, glaube der Minister nun nicht. Viel eher sei auch bei der Ärzteschaft die Einsicht vorhanden, dass es ohne Digitalisierung nicht gehe und man bereits weit hinterherhinke. „Ich glaube nicht, dass viele Ärzte aussteigen werden. Wir sind in vielen Punkten Nachzügler. Wenn jemand aber nun lieber privat Patienten versorgen will, ist das schade, dass er aus der Solidargemeinschaft aussteigt.“ Immerhin habe ihn diese an den Punkt gebracht, an dem er stehe.
Ein Arzt, der nicht aussteigen will, ist Benny Levenson, Arzt der kardiologischen Gemeinschaftspraxis Berlin-Charlottenburg. Er empfiehlt Achtsamkeit bei der Kommunikation, nicht nur in Bezug aufs E-Rezept, sondern auch in Bezug auf die elektronische Patientenakte: „Wir müssen gut auf die Terminologie aufpassen, die wir verwenden. Der gläserne Patient ist ja kein gläserner Patient. Alle bleiben Herr ihrer Daten. Nur wenn jemand proaktiv seine Karte in ein Gerät steckt, kann sein Arzt bestimmte Daten einsehen. Das Vertrauensverhältnis bleibt also bestehen.“
Bildquelle: Victoire Joncheray, unsplash