Wissenschaftler haben nun eine Substanzklasse entdeckt, welche Krebszellen für die Chemotherapie sensibilisieren könnte. Zugleich fanden sie eine neue Zielstruktur bei Krebszellen, die einen möglichen Angriffspunkt für Medikamente in Aussicht stellt.
Ein Forscherteam um Prof. Dr. Angelika M. Vollmar, Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU), und Prof. Dr. Stephan Sieber von der TU München (TUM) hat eventuell eine neue Klasse von Substanzen identifiziert, die bei der Therapie von Tumoren hilfreich sein könnten. Die nicht-toxische Verbindung sensibilisiere laut den Forschern Krebszellen für eine Chemotherapie, sodass bestehende Resistenzen verringert werden.
Bei der Krebsbekämpfung mithilfe von Chemotherapeutika besteht die Gefahr, dass Krebszellen Resistenzen entwickeln. „Eine Möglichkeit, das zu umgehen, ist, Chemotherapeutika zusammen mit Verbindungen zu verabreichen, die die Krebszellen gegen die Medikamente sensibilisieren und einen programmierten Zelltod auslösen“, sagt Vollmar. Die Wissenschaftler haben möglicherweise eine neue Substanzklasse (T8) entdeckt, die verschiedene Krebszellen gegen das Arzneimittel Etoposid sensibilisieren, das in der Chemotherapie eingesetzt wird, um das Wachstum der Krebszellen zu hemmen. Den Forschern ist es vermutlich auch gelungen, eine neue Zielstruktur zu identifizieren, die Proteindisulfidisomerase (PDI), welche für viele zelluläre Funktionen eine Rolle spielt. Hier könnten die Verbindungen der neuen Substanzklasse angreifen.
Die neue Verbindung ist alleine nicht toxisch und ihre Wirkweise ist reversibel. Nur in Verbindung mit einem Chemotherapeutikum entfalte sie ihre Wirkung: „Die Kombination einer subtoxischen Konzentration von Etoposid und der neuen T8-Verbindungen führt zu erhöhten Raten programmierten Zelltods“, sagt Vollmar. Diesen Wirkmechanismus konnten die Wissenschaftler in verschiedenen biologischen und chemischen Laborstudien demonstrieren. „Unsere Studien zeigen, dass T8 eine vielversprechende Verbindung ist, um eine Vielzahl verschiedener Krebszellen für Chemotherapeutika zu sensibilisieren.“ Die Forscher haben die neue Verbindung unter anderem an Leukämiezellen und Brustkrebszellen getestet. „Unser nächstes Ziel ist es, zum einen die Substanzklasse weiter zu optimieren und in unterschiedlichen Tumormodellen in vivo zu testen, zum anderen die Substanz als chemisches Werkzeug zu nutzen, um mehr über die Bedeutung der PDI als Tumor-Target zu lernen.“ Originalpublikation: Eine niedermolekulare Verbindung inhibiert die Proteindisulfidisomerase und sensibilisiert Krebszellen für Chemotherapie Angelika M. Vollmar et al.; Angewandte Chemie, doi: 10.1002/ange.201406577; 2014