Während der Corona-Pandemie haben viele das Fahrradfahren für sich entdeckt. Aber Vorsicht, der Ritt auf dem Drahtesel bringt nicht nur gesundheitliche Vorteile.
Die Deutschen lieben das Radeln: Rund 77 % nutzen das Fahrrad mindestens hin und wieder und 38 % sogar regelmäßig. Beim Sport treten wir ebenfalls gerne in die Pedalen – und auch die WHO und empfiehlt unter anderem das Fahrradfahren als Möglichkeit der regelmäßigen Bewegung. Doch der Drahtesel hält nicht nur fit und glücklich, sondern kann auch negative Auswirkungen auf unsere Gesundheit haben. Hier findet ihr eine Übersicht über die gesundheitlichen Auswirkungen des Radfahrens – und was ihr euren Patienten empfehlen könnt, um Verletzungen im Radsport zu vermeiden.
Wissenschaftler aus Großbritannien untersuchten die Vor- und Nachteile des Fahrrads als tägliches Verkehrsmittel. Dazu verglichen sie Daten von Pendlern, die unterschiedliche Transportmethoden nutzten – Laufen, das Fahrrad, eine Mischung verschiedener Transportmittel oder nicht-aktive Fortbewegungsmittel, wie etwa Bahn und Auto. Sie analysierten, wie häufig es bei jeder Gruppe zu Krankenhausaufenthalten kam und wie hoch das Risiko für Krankheiten war. Die Forscher fanden heraus, dass die Gruppe der Radler ein erhöhtes Risiko (Hazard Ratio, HR: 1,45) für Verletzungen gegenüber nicht-aktiven Transportmethoden (HR: 1) aufwies. Aber sie fanden auch positive Einflüsse des Radfahrens, z. B. in Bezug auf das Krankheitsrisiko. Im Gegensatz zu nicht-aktiven Transportmethoden könnte das Fahrrad das Risiko für kardiovaskuläre Krankheiten und Krebs sowie für die Mortalität senken.
Eine dänische Studie untersuchte die Auswirkungen von Unfällen und deren Schwere (schwerer Unfall, SU; normaler Unfall, U) auf die mentale Gesundheit mithilfe eines Fragebogens. Empfanden die Fahrer einen Unfall als schwerwiegend, gaben sie fast doppelt so häufig Depression und Angststörungen an (U: 6 %, SU: 11 %), als Fahrradfahrer, die ihren Unfall nicht als schwer empfanden. Fuhren die Teilnehmer auch nach dem Unfall weiterhin Fahrrad, so wurden seltener Depression und Angstzustände angegeben. Unfälle können also einen Einfluss auf die mentale Gesundheit haben – hier lohnt es sich also, lieber einmal mehr nachzuhaken. Sofern Unfälle nicht als schwerwiegend wahrgenommen wurden, überwogen jedoch die positiven Einflüsse des Fahrradfahrens, was auch zu einer insgesamt höheren wahrgenommenen Lebensqualität führte – es macht also insgesamt zufriedener.
Die Profis der Tour de France machen es vor: enge Trikots, dünne Reifen und ein tiefer Lenker, um den Luftwiederstand zu minimieren. Auch Hobbysportler vergleichen ihre Zeiten und Touren online miteinander und versuchen, sich gegenseitig die Bestzeiten abzujagen. Dabei schauen sie sich die richtige Haltung auf dem Rad von den Radsport-Profis ab. Doch was macht diese gebeugte Haltung mit dem Rücken?
Ein Review hat jetzt die Ergebnisse verschiedener Studien zusammengetragen und herausgearbeitet, welche Auswirkungen die Sitzposition auf den Rücken hat. Dabei fanden sie heraus, dass die Positionierung auf dem Rad eine große Rolle auf die Stabilität der Wirbelsäule spielt. Rückenschmerzen könnten demnach von einem zu tief eingestellten Lenker oder einem zu großen Abstand zwischen Lenker und Sattel kommen und auch die gefahrene Distanz spielte eine Rolle. Je weiter die Radler fuhren und je intensiver die Trainings-Einheiten waren, desto häufiger konnten Beckenfehlstellungen (Kippen) beobachtet werden. Laut der Forscher empfanden Fahrer mit größerer Flexibilität in den hinteren Oberschenkelmuskeln weniger häufig Rückenschmerzen. Neben ausgleichenden Kräftigungsübungen könnt ihr euren fahrradbegeisterten Patienten also auch empfehlen, sich regelmäßig zu dehnen, um Rückenschmerzen und Becken-Fehlstellungen vorzubeugen.
Ältere Menschen haben oft gesundheitliche Probleme, die es ihnen schwermachen, ausreichend Sport zu treiben und sich ausreichend zu bewegen. Das reguläre Fahrrad ist für viele daher keine Option. Inzwischen machen die Ü-50er 35 % der Kundschaft von E-Bike Herstellern aus. Das liegt unter anderem daran, dass mit weniger Anstrengung eine längere Strecke zurückgelegt werden kann, als mit dem herkömmlichen Fahrrad. Teilnehmer einer Studie (65 Jahre oder älter) gaben an, dass sie durch das E-Bike Vorteile für ihre Gesundheit wahrnahmen. Eine andere Übersichtsarbeit konnte jedoch nur moderate Belege dafür finden, dass das E-Bike Vorteile für die körperliche Gesundheit bietet. Auch wenn das E-Bike wohl keine sportliche Aktivität ersetzt, kann es älteren Erwachsenen ein Stück Lebensqualität und Mobilität zurückgeben – und Zufriedenheit ist bekanntlich gut für die Gesundheit.
Das Fahrrad bietet eine gesunde alternative Fortbewegungsmöglichkeit, mit der man oftmals schneller durch den Feierabend-Verkehr kommt als mit dem Auto. Trotzdem sollten sich Fahrradfahrer auch der Risiken für Unfälle und Verletzungen bewusst sein. Um dem vorzubeugen, ist es ratsam, nicht nur Lenker und Sattel richtig einzustellen – und einen Helm zu tragen – sondern auch ergänzend Dehnungs- und Kräftigungsübungen zu empfehlen, insbesondere für Radler, die besonders viel und weit fahren.
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