Zu den häufigsten Gründen für den Austausch einer Endoprothese zählen Lockerungen und Infektionen. Damit die Prothese möglichst lange hält, ist auch die Lebensweise eurer Patienten wichtig. Lest hier mehr.
Implantationen von Hüft- und Knie-Kunstgelenken werden seit 2012 im Endoprothesenregister Deutschland (EPRD) erfasst und statistisch ausgewertet. Was zunächst mit 17 Kliniken begann, hat sich inzwischen zu einer Datenflut aus über 740 Kliniken entwickelt. Im Jahr 2021 wurden insgesamt 306.000 Operationen gemeldet, 176.442 Hüft- und 129.542 Knie-Implantate. Bei den Hüft-Implantaten ist der Anteil der Kurzschaftprothesen auf 12 % gestiegen. Gründe für einen Austausch von Implantatkomponenten am Hüftgelenk sind Lockerungen (24,4 %), Infektionen (16,7 %), periprothetische Frakturen (14,3 %) und Luxationen (13 %). Die Ausfallwahrscheinlichkeit liegt vier Jahre nach Implantation bei zementierten Schäften unter 5 % und bei zementfreien Schäften über 8 %.
Bei 95 % der Kniegelenksendoprothesen und bei 90 % der unikondylären Schlittenprothesen wurden die Komponenten komplett zementiert. Der Anteil zementfreier Implantationen betrug bei den TEP 1,2 %, bei den Schlittenprothesen im Hinblick auf einen späteren Folgeeingriff 9 %. Ursachen für Wechseleingriffe waren vor allem Lockerungen (23,5 %) und Infektionen (15 %). Die Ausfallwahrscheinlichkeit innerhalb von sieben Jahren ist bei unikondylären Implantaten mit 8,1 % fast doppelt so hoch wie bei Knie-TEP mit 4,2 %.
Die Wahrscheinlichkeiten für einen zweiten endoprothetischen Wechseleingriff innerhalb von zwei Jahren nach dem ersten Wechsel betragen für Hüft- und Knieversorgungen nach aseptischem Wechsel 11,3 % bis 17,5 %; nach periprothetischer Infektion liegt die Wahrscheinlichkeit mit 23,5 % bis 35,1 % deutlich höher.
Für die Standzeitauswertung konnten aus den letzten zehn Jahren nur Daten von fast 800.000 Ersteingriffen und 26.000 Erstwechseln bei Krankenversicherten der AOK oder einer Ersatzkasse berücksichtigt werden, da nur von diesen Abrechnungsdaten vorlagen. Wichtiges Ergebnis der Auswertung: Standzeiten sind nicht nur vom verwendeten Implantat abhängig, sondern auch von spezifischen Faktoren der Operierten wie Alter, Geschlecht, BMI und Begleiterkrankungen. Bei Männern haben sowohl Hüft- als auch Knie-TEP-Implantate ein höheres Ausfallrisiko als bei Frauen. Bei beiden Geschlechtern mit zementiertem Femurschaft betragen die Ausfallwahrscheinlichkeiten innerhalb von vier Jahren bei Patienten mit leichtem Übergewicht (BMI unter 30) 2,7 % und mit Adipositas per magna (BMI über 40) 6,2 %. Zementfrei implantierte Schäfte fallen mit 3,1 % bei mäßig übergewichtigen Patienten und mit 7,5 % bei massiv adipösen Patienten öfter aus.
Laut Veröffentlichung einer Metaanalyse von Fallserien und nationalen Registerberichten in The Lancet im Februar 2019 halten über 60 % aller Hüft-Endoprothesen mehr als 25 Jahre. Ein wichtiger Faktor ist die Lebensweise der Endoprothesenträger. Nach einer TEP-Implantation erhalten Patienten physiotherapeutische Behandlungen zur Kräftigung der gelenkübergreifenden Muskulatur, zur Dehnung verkürzter Muskeln, zur Verbesserung der Beweglichkeit und zur Korrektur des Gangbildes. Oftmals wird durch Implantate die Statik verändert, so dass sich Muskeln, Bänder und Sehnen über Monate an die neuen Verhältnisse anpassen müssen. Koordinationstraining ist deshalb ein wichtiger Bestandteil des Übungsprogramms.
Erfahrungsgemäß ist die Kraftausdauer am längsten defizitär. Patienten sollten besonders in den ersten drei postoperativen Monaten bei weiten Gehstrecken Unterarmgehstützen benutzen, um ihr Kunstgelenk bei Ermüdung der Muskulatur nicht durch Hinken falsch oder fehlerhaft zu belasten. Aber auch nach der Phase der Rekonvaleszenz sollten sie achtsam mit ihrem neuen Gelenk umgehen und regelmäßig – möglichst täglich – Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit und Koordination trainieren.
Prof. Carsten Perka, Ärztlicher Direktor des Centrums für Muskuloskeletale Chirurgie (CMSC) an der Charité, weist darauf hin, dass der Körper ab etwa dem 30. Lebensjahr Muskeln zu Fettgewebe umbaut und bei fehlendem Training bis zum 50. Lebensjahr etwa 50 % seiner Muskelmasse verliert. Frauen sind dabei stärker betroffen als Männer. Sorgen bereiten ihm Bewegungsmangel und Gewichtszunahme während der Corona-Pandemie. Fehl- und Überbeanspruchung können Folge atrophierender Muskeln sein und die Komplikationsrate erhöhen: Sturzneigung, Luxationen und Verschleiß nehmen zu.
Die Else Kröner Fresenius Stiftung (EKFS) hat im Juli 2022 das Ergebnis einer Befragung von 1.005 Personen zwischen 18 und 70 Jahren veröffentlicht. Bei über einem Drittel hat sich das Gewicht im Durchschnitt um 6,5 Kilogramm erhöht, bei 18 % um durchschnittlich 7,9 Kilogramm erniedrigt. Endoprothesenträger sollten, wenn sie normalgewichtig sind, ihr Gewicht halten und Übergewichtige eine Gewichtsreduktion anstreben. Eine wöchentliche Gewichtskontrolle ist sinnvoll. Zu achten ist – zusätzlich zum täglichen Training – auf eine eiweißreiche Ernährung, damit die Muskulatur erhalten bleibt.
Der Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU) wies im Dezember 2019 darauf hin, dass nach der Implantation einer Hüft- oder Knieprothese bei Rauchern das Risiko für Komplikationen wie Wundheilungsstörungen, lokale Infekte und Materiallockerung doppelt so hoch ist wie bei Nichtrauchern. Als Ursache wird eine verminderte Versorgung der Gewebe mit Sauerstoff angesehen. Der vollständige Verzicht aufs Rauchen jeweils sechs Wochen vor und nach der Operation senkt das Komplikationsrisiko deutlich. Im Rahmen der aufklärenden Operationsvorbereitung sollten deshalb alle Patienten zu einem möglichen Nikotinkonsum befragt und auf einen Rauchverzicht für 12 Wochen angehalten werden.
Bildquelle: Fikri Rasyid, Unsplash