In Zypern sterben zurzeit viele freilebende Katzen an FIP und in Polen kam es vermehrt zu Infektionen mit der aviären Influenza bei Hauskatzen. Besteht Gefahr für den Menschen?
In Zypern kam es in den vergangenen sechs Monaten zu vermehrten Todesfällen bei Katzen. Schuld ist ein felines Coronavirus. Experten warnen vor einem besonders aggressiven Stamm, der zu schweren Krankheitsverläufen bei den Tieren führe. Das Virus stehe in keinem Zusammenhang mit SARS-CoV-2. Laut Berichten des Redaktionsnetzwerk Deutschland sind auf der Mittelmeerinsel innerhalb des letzten halben Jahres mindestens 300.000 Katzen an feliner infektiöser Peritonitis (FIP) gestorben.
Zu Beginn des Jahres meldeten Tierärzte einen plötzlichen Anstieg der an FIP erkrankten Katzen auf ganz Zypern – von noch drei bzw. vier PCR-bestätigten Fällen im Jahr 2021 bzw. 2022 auf bereits 98 Fälle im Januar 2023.
Die FIP ist ein durch das feline Coronavirus (FCoV) hervorgerufene Infektionskrankheit der Katze. FCoV kann eine harmlose vorübergehende Darminfektion verursachen, oder aber zu einem schweren Krankheitsbild führen. Klinisch äußert sich eine Infektion dann, wenn der Erreger im Darm der Katze mutiert und es schafft, sich in Monozyten und Makrophagen zu vermehren. Die Symptome werden dann durch eine massive, zellvermittelte Immunantwort hervorgerufen und äußern sich unter anderem als Peritonitis und/oder Pleuritis. Man kann zwischen einer trockenen und einer feuchten Form unterscheiden. Welche Form sich entwickelt, scheint vom Immunstatus des betroffenen Tieres abzuhängen. Man geht davon aus, dass FCoV in allen Mehrkatzenhaushalten endemisch ist, aber nur etwa 5–12 % der Katzen an einer FIP erkranken. Die mediane Überlebenszeit beträgt bei einer klinischen Erkrankung etwa 8 Tage.
Lange galt die FIP als unbehandelbar, seit einiger Zeit stehen aber mit dem spezifischen Proteasehemmer GC376 und den Anti-Covid-Präparaten Molnupiravir und GS-441524, einem Metaboliten von Remdesivir, Therapiemöglichkeiten zur Verfügung. Nur GS wurde laut Berichten für die Einfuhr nach Zypern zugelassen. Es unterliege jedoch Beschränkungen; die Behandlung soll außerdem zwischen 3.000 und 7.000 Euro pro Katze kosten.
Mittlerweile seien unter Umständen mehrere hunderttausend Tiere verstorben, so mutmaßte ein Mitarbeiter der Tierschutzorganisation Cat Protection and Welfare Society (PAWS) Cyprus. Er gehe von einer Sterblichkeitsrate von 20–30 Prozent aus – auf Zypern leben schätzungsweise eine Million freilaufende Katzen. Die Katzen wurden vor mehreren hundert Jahren auf die Insel gebracht, um die dortige Giftschlangenpopulation einzudämmen. Der Plan ging auf – die Katzen blieben und gehören seitdem zum Straßenbild.
Das könnte sich aber bald ändern. „Wir haben diese Zahlen noch nicht bestätigt“, sagt Dr. Charalampos Attipa, Dozent für klinische Veterinärpathologie an der Universität Edinburgh und einer der Wissenschaftler, die den Ausbruch untersuchen. „Die Zahl der verstobenen Katzen geht mit Sicherheit in die Tausende, aber Genaueres ist schwer zu sagen.“ Die Entwicklung um das mutierte Coronavirus sei „sehr alarmierend“. Das Team in Edinburgh führt Genomsequenzierungen durch, um den FCoV-Stamm genauer zu charakterisieren. Die Corona-Pandemie könne indirekt zur Entstehung eines neuen Stammes beigetragen haben. Da sich Katzen mit SARS-CoV-2 infizieren können, hätten viele von ihnen Antikörper gebildet, die die Evolution der bestehenden felinen Coronaviren vorangetrieben haben könnten – so eine Theorie der Wissenschaftler.
Dr. Justine Shotton, Vizepräsidentin der British Veterinary Association (BVA), rät in einem Statement: „Die gemeldeten FIP-Fälle in Zypern sind verständlicherweise besorgniserregend. [...] Während die Wissenschaftler noch herausfinden, ob es sich um einen neuen Virusstamm handelt, raten wir Katzenbesitzern, sich an ihren Tierarzt zu wenden, wenn sie sich Sorgen um die Gesundheit ihres Tieres machen.“ Auch solle darauf geachtet werden, dass aus Zypern importierte Katzen vor der Reise auf das Virus getestet werden. Urlauber sollten vermeiden, dort Katzen zu berühren und vor der Abreise ihre Schuhsohlen und Kofferräder reinigen, um eine Einschleppung zu vermeiden.
Auch in Polen gab es jüngst eine ungewöhnliche Häufung viraler Erkrankungen bei Hauskatzen – in diesem Fall allerdings mit dem Erreger der Aviären Influenza. Das Virus des Typs H5N1 war bis Mitte Juli bei 29 Katzen aus 13 Regionen des Landes gefunden worden. Zu den Symptomen gehörten Atembeschwerden, blutige Diarrhö und neurologische Symptome. Elf der Katzen starben, weitere 14 wurden eingeschläfert. Obwohl auch vorher schon von H5N1-Infektionen bei Katzen berichtet wurde, ist dies der erste so große Ausbruch in einem begrenzten Gebiet. Außerdem werden auch weiterhin Todesfälle bei anderen Säugetierarten gemeldet, unter anderem bei Hunden, Nerzen, Robben und Seelöwen.
Die Sequenzierung von 19 Viren dieses Ausbruchs ergab, dass sie alle zur H5-Klade 2.3.4.4b gehören und eng miteinander verwandt sind. Außerdem ähneln sie stark den Viren, die momentan in Wildvögeln zirkulieren und kürzlich in Polen Ausbrüche bei Geflügel verursacht haben. Die Untersuchungen zur genauen Infektionsquelle der Katzen dauern zurzeit noch an. Laut Weltgesundheitsorganisation besteht die Möglichkeit eines direkten oder indirekten Kontakts mit infizierten Vögeln, deren Umgebung oder ihres Verzehrs. Von den 25 Katzen, zu denen Informationen vorliegen, lebten zwei im Freien, 18 waren Wohnungskatzen mit Zugang zu einem Balkon, einer Terrasse oder einem Garten und fünf wurden vollständig in Innenräumen gehalten.
Bildquelle: Jae Park, Unsplash