Was bei uns in der Tierarztpraxis Routine ist, versetzt die Besitzer unserer Patienten oft in Angst und Sorge. Beim Abgeben ihres Lieblings sagen sie dann diesen einen Satz, der mich lange wütend gemacht hat.
„Passen Sie auch gut auf meinen Liebling auf?“ Zögernd überreicht meine Kundin mir die Leine ihres Terriers Joey. Er soll heute für eine Zahnreinigung in Narkose gelegt werden.
„Passen Sie auch gut auf meinen Liebling auf?“ Diesmal streckt mir eine leicht zitternde Männerhand die Katzenbox entgegen, in der Kater Charlie auf seine Kastration wartet.
Egal, ob mir eine Leine, eine Katzenbox oder ein Pferdestrick übergeben wird – immer wieder wird mir diese Frage gestellt, wenn ich ein Tier von seinem Halter in Empfang nehme. Bin ich die Einzige, die das lange als Ausdruck des Misstrauens oder gar als versteckten Vorwurf empfand? Dabei geben wir Tierärzte doch alles für unsere Patienten, genauso wie unsere TFAs. Manchmal geben wir so viel, dass es uns an den Rand der Erschöpfung treibt. Was wollen uns die Tierhalter also mit ihrer Frage sagen?
Früher hat mich diese Frage verletzt. Am liebsten hätte ich eine patzige oder auch ironische Antwort zurückgegeben: „Nööö, wissen Sie, eigentlich mögen wir hier gar keine Tiere, deswegen passt hier auch absolut niemand auf sie auf.“ Oder: „Nööö, in dieser Praxis werden grundsätzlich nur verantwortungslose Menschen eingestellt.“ Oder auch: „Klar passen wir auf Ihr Baby auf – uns ist noch nie ein Patient entkommen.“
Stattdessen biss ich die Zähne zusammen und ertrug diese völlig überflüssige, ja, für mich fast beleidigende Frage. Ich dachte, das wäre das Beste, was ich in dieser Situation machen könnte. Doch zusammengebissene Zähne sind kein gutes Handwerkszeug. Vor allem helfen sie nicht, wenn man in einem so emotionalen Arbeitsumfeld tätig ist wie wir. Die Kunden spürten natürlich meine Anspannung – wurden noch nervöser, stellten noch mehr Fragen und gaben immer mehr Anweisungen. Und ich wurde zum Griesgram.
Aber wie kann man in einer solchen Situation entspannt und freundlich bleiben?
Wirklich geholfen hat mir die Konzentration auf das gemeinsame Ziel. Ich machte mir klar: Wir sind alle in einem Team. Und das Team kämpft für den Patienten. Die Tierhalter haben einen Termin vereinbart und entweder ihr Tier zu mir oder mich zu ihrem Tier gebracht. Sie gehen also davon aus, dass es ihrem Tier mit meiner Hilfe besser geht als ohne diese Unterstützung.
Doch wenn es auf eine Narkose oder einen stationären Aufenthalt zugeht, wird das Team gespalten. Während wir uns im (Praxis-)Team beispielsweise schon auf die bevorstehende Operation konzentrieren, haben die Tierhalter plötzlich keine Aufgabe mehr.
Nachdem sie Wunden desinfiziert, Möhrensuppe gekocht und Trainer, Züchter sowie das Internet befragt haben, bleibt ihnen nur noch die sinnlose Aufforderung „passen Sie auch gut auf meinen Liebling auf?“ – auch um sich selbst zu beweisen, dass sie für ihren Liebling wirklich alles tun, was in ihrer Macht steht.
Es ist klar, dass Tierhalter nicht immer nur hilfreiche Maßnahmen ergreifen. Und wir wissen auch, dass einige vor allem Kosten sparen wollen, wenn sie vorher selbst schon etwas unternehmen. Fakt ist aber: Sie wollen sich einbringen und aktiv für ihr Tier da sein.
Daher antworte ich heute ganz anders: „Während wir hier unser Bestes geben, bereiten Sie doch schon einmal alles für die Nachversorgung vor, ganz so wie wir es besprochen haben.“ Denn ich habe angefangen, ihnen für die Zeit der Trennung Aufgaben zu geben.
Am Anfang habe ich die aufgeregten Tierhalter – vor allem, wenn sie im Wartezimmer auf das Ende der Operation warten wollten – zum Kaffeetrinken geschickt. So hatten sie wenigstens etwas zu tun und sie waren ein wenig abgelenkt von der Sorge um ihr Tier. Aber viel besser sind Aufgaben, die im direkten Zusammenhang mit ihrem Haustier und der aktuellen Situation stehen.
Die anfangs erwähnte Halterin von Joey könnte auch für die Fahrt im Auto und die spätere Zeit zu Hause ein schönes „Nest“ aus Decken vorbereiten, damit Joey bei seiner Rückkehr einen geschützten Platz hat, um sich von der Narkose zu erholen. Charlies Herrchen könnte zum Beispiel Vorkehrungen treffen, damit der Kater nach seiner Rückkehr nicht von seiner Partnerkatze attackiert wird.
Andere Tierhalter können nach Beschäftigungsmöglichkeiten suchen, wenn ihr Tier nach einer Operation ruhig gehalten werden muss. Und wieder andere könnten, während ihre nierenkranke Katze eine stationäre Infusionstherapie bekommt, Vorkehrungen treffen, damit die Katze in Zukunft mehr trinkt. Sicher haben nicht alle Tierhalter gleich viel Energie, Verständnis oder Kreativität. Aber die meisten freuen sich, wenn sie helfen können. Manchmal fühlt es sich an, wie mit Kindern einen Kuchen zu backen. Sie brauchen ein wenig Anleitung. Aber meist stößt man auf überraschend viel Motivation, wenn man sie mitmachen lässt.
Probiert es doch auch mal aus! Oder macht ihr das in eurer Praxis auch schon so? Ich hoffe, ihr sammelt damit auch so gute Erfahrungen wie ich und würde mich sehr freuen, davon in den Kommentaren zu lesen! Welche Aufgaben vergebt ihr?
Bildquelle: Caleb Woods, unsplash