Das Toxische Schocksyndrom kann gefährlich werden – vorallem für menstruierende Frauen. Welche Bakterien dafür verantwortlich sind und welche helfen, erfahrt ihr hier.
Die weit verbreitete, krankheitserregende Mikrobe Staphylococcus aureus kann die Haut und die Schleimhäute im ganzen Körper besiedeln. Besonders die Vagina und der Magen-Darm-Trakt sind betroffen. Ein virulenter Stamm des Bakteriums produziert Proteine, die das Toxische Schocksyndrom (TSS) auslösen. Diese Krankheit ist durch plötzliches Fieber, einen diffusen Ausschlag und – ohne Behandlung – durch Multiorganversagen gekennzeichnet. In der Vagina ist das TSS mit einer lebensbedrohlichen Reaktion des Immunsystems verbunden.
Probiotika könnten helfen, die Krankheit zu verhindern. Eine Studie, die in der Zeitschrift Microbiology Spectrum der American Society for Microbiology veröffentlicht wurde, berichtet, dass zwei Bakterienstämme – Lactobacillus acidophilus und Lacticaseibacillus rhamnosus – in Laborexperimenten erfolgreich die Produktion der TSS-verursachenden Superantigene hemmen konnten. L. acidophilus hemmte darüber hinaus das Wachstum der S. aureus-Stämme, die diese problematischen Proteine produzieren.
Eine Kombination der beiden Stämme könnte sowohl das Wachstum verhindern als auch die Immunreaktion hemmen. „Es ist eine Art Doppelschlag gegen S. aureus“, sagte der Mikrobiologe Patrick Schlievert vom Carver College of Medicine der Universität von Iowa. „Wenn ein Toxin gebildet wird, verhindern die Probiotika dennoch die Entzündung.“
Er merkte an, dass der Zusatz dieser Probiotika zu Tampons oder anderen Menstruationsprodukten das Risiko – und die weltweite Häufigkeit von TSS – im Zusammenhang mit der Menstruation verringern könnte. Eine solche Präventionsmaßnahme könne Millionen gefährdeter Menschen zugutekommen, so Schlievert. „Wir wissen, dass 20 % der Menschen über 12 Jahren keine Antikörper gegen das TSS bilden können und auch nie bilden werden“, sagte er.
In den frühen 1980er Jahren identifizierte Schlievert das Toxin, das eine Überreaktion des Immunsystems auslöst, und zeigte, wie sehr saugfähige Tampons die Produktion dieses Toxins erleichtern, wenn S. aureus vorhanden ist.
Schlievert und seine Kollegen hatten an 205 Probandinnen getestet, ob eine neuartige Molekülmischung, die Tampons zugesetzt wurde, pathogene Bakterien hemmen würde. Die Moleküle erwies sich als wirksam gegen E. coli und andere Krankheitserreger, aber die Forscher bemerkten eine unerwartete Folge. „Einige der Frauen in der Behandlungsgruppe hatten ein enormes Wachstum an Laktobazillen“, so Schlievert.
Weitere Untersuchungen ergaben, dass neun dieser Frauen nur mit L. crispatus und keinen anderen Bakterien kolonisiert waren. In der mikrobiologischen Forschung, so Schlievert, wird die Besiedlung mit einem einzigen Bakterium oft als ungesund angesehen. In diesem Fall stellte dies aber eine wirksame Maßnahme gegen das pathogene S. aureus dar.
Lactobacillus-Bakterien haben sich bereits als sicher erwiesen. Nach Schlievert, deute die neue Arbeit darauf hin, dass eine Behandlung mit L. crispatus allein oder in Kombination mit L. acidophilus oder L. rhamnosus, das Risiko von TSS in gefährdeten Bevölkerungsgruppen drastisch reduzieren könne. S. aureus-Stämme können dazu auch Enterokolitis verursachen, eine lebensbedrohliche Immunreaktion des Darms. Probiotika könnten dazu beitragen, die Produktion der gefährlichen Proteine für diese Krankheit zu verringern, so Schlievert.
In laufenden Arbeiten untersuchen Schlievert und sein Team, wie Probiotika zur Vorbeugung von Staphylokokken-Infektionen der Haut eingesetzt werden können. Die Haut von Menschen mit atopischer Dermatitis oder Typ-2-Diabetes ist häufig mit S. aureus-Stämmen besiedelt, die Superantigene produzieren. Oft sind sie resistent gegen die Behandlung mit Standardantibiotika. Bei Patienten mit Typ-2-Diabetes können diese Superantigene zu Fußgeschwüren führen, die, wenn sie nicht erfolgreich behandelt werden, eine Amputation zur Folge haben können. Schlievert sieht in Probiotika eine vielversprechende Möglichkeit, diese Komplikationen zu verhindern.
Dieser Artikel beruht auf einer Pressemitteilung der American Society for Microbiology. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: CDC, unsplash