Wenn die Kinderaugen extrem an Größe zunehmen, könnte das auf Grünen Star hindeuten. Die gängige Methode ist klar: eine Trabekulotomie. Aber welche Methode ist die beste? Eine Studie soll Klarheit schaffen.
Das Deutsche Kinder-Glaukomzentrum an der Universitätsmedizin Mainz startet eine multizentrische klinische Studie zur Behandlung der auch als Grüner Star bezeichneten Augenerkrankung. In der Studie werden die Erfolge von zwei unterschiedlichen chirurgischen Verfahren verglichen. Beide Methoden zielen darauf ab, den durch die Erkrankung erhöhten Augeninnendruck dauerhaft abzusenken. Bei einem erfolgreichen Eingriff können Beeinträchtigungen des Sehvermögens bis hin zur Erblindung bei den betroffenen Kindern verhindert werden. Bei Kindern ist das angeborene oder kindliche Glaukom ist eine seltene Augenerkrankung. Schätzungen zufolge kommt eins von 10.000 Kindern mit einem Glaukom zur Welt.
„Als Supramaximalversorger sind wir in der Lage, auch Patient:innen mit seltenen Erkrankungen bestmöglich zu versorgen. Im letzten Jahr wurden in unserem Zentrum rund 500 Kinder mit Glaukom erfolgreich behandelt. Diese kamen nicht nur aus Rheinland-Pfalz, sondern aus ganz Deutschland und sogar Europa.“ Aufgrund der Seltenheit der Erkrankung gibt es trotz dieser Therapieerfolge noch zu wenige fundierte Studien zur Wirksamkeit der Behandlung. Es besteht dringender Forschungsbedarf. Die neue Studie des Deutschen Kinder-Glaukomzentrums Mainz soll diese Lücke schließen. „Es wird erstmals möglich sein, eine größere Zahl betroffener Kinder über einen längeren Zeitraum zu begleiten und die Erfolge zu dokumentieren. Dies ist bisher einzigartig in Europa“, so Prof. Norbert Pfeiffer, Vorstandsvorsitzender und Medizinischer Vorstand der Universitätsmedizin Mainz.
„Wissenschaftsgetriebene klinische Studien sind der Schlüssel, um Patient:innen die bestmögliche Therapie zukommen zu lassen. Bei seltenen Erkrankungen sind sie aufgrund der kleinen Fallzahlen besonders aufwändig, weil nur im Verbund mehrerer Behandlungszentren genügend Patient:innen in die Studie eingebunden werden können“, so Prof. Ulrich Förstermann, wissenschaftlicher Vorstand und Dekan der Universitätsmedizin Mainz.
Bei Kindern liegt die Ursache des Glaukoms in einer Fehlentwicklung im vorderen Augenbereich, dem sogenannten Kammerwinkel. Das gesammelte Augenwasser, oder auch Kammerwasser, fließt im Normalfall durch den Kammerwinkel und über den Schlemm-Kanal ab. Das Kammerwasser versorgt das Auge mit Nährstoffen. Das geregelte Ein- und Abfließen sorgt dabei für einen konstanten Augeninnendruck. Bei den Betroffenen blockiert aber eine fehlentwickelte Membran den Abflusskanal und es kommt zu einem erhöhten Augeninnendruck. Das Gewebe beim Kinderauge ist noch sehr dehnbar. Die oft zu Beginn „schön großen“ Augen der Kinder können dann extrem an Größe zunehmen und die für die Erkrankung typische Hornhauttrübung aufzeigen. Unbehandelt belastet der hohe Augeninnendruck den Sehnerv und kann zur Erblindung führen.
Bei Kindern ist eine Operation die erste Behandlungsmaßnahme. „Anders als bei Erwachsenen kann sich der kindliche Sehnerv nach einer Operation wieder vollständig erholen. Richtig und rechtzeitig behandelt, können wir eine Erblindung verhindern. Angeborene und kindliche Glaukome lassen sich mit einer hohen Erfolgsrate von 80 bis 90 Prozent operativ behandeln“, betont Prof. Esther Hoffmann, Leiterin des Deutschen Kinder-Glaukomzentrums in Mainz.
Bei Neugeborenen und den entsprechend kleinen Augen mit ihrem dünnen und weichen Gewebe ist die Operation sehr anspruchsvoll und erfordert spezielle Expertise. Eine mögliche Behandlungsmethode ist die konventionelle Trabekulotomie. Dabei wird das Gewebe am Schlemm-Kanal mit einer Sonde eröffnet, so dass das Augenwasser wieder abfließen kann. Als weitere Methode wurde in den letzten Jahren die kathetergestützte 360°-Trabekulotomie neuentwickelt. Bei dieser Methode wird ein Katheter in den Schlemm-Kanal geführt. Der Katheter wird über 360 Grad vorgeschoben, an den Enden gefasst und zusammengezogen. Dabei „reißt“ die Kanalinnenwand ein und das davorliegende Gewebe wird entfernt. Bei der neuen Methode wird der gesamte Bereich des Schlemm-Kanals eröffnet.
Ob die neue Methode einen besseren Therapieerfolg erzielen kann, untersuchen die Wissenschaftler jetzt in einer neuen Studie. Als Faktoren für einen erfolgreichen Eingriff misst das Forschungsteam bei den Patienten beispielweise den Augeninnendruck, die Sehfähigkeit und die Brechkraft der Augen. In die Studie sollen rund 100 Kinder im Alter von 0 bis 12 Jahren eingebunden werden. Das Kinder-Glaukomzentrum leitet die Studie und kooperiert mit dem Zentrum für Augenheilkunde der Universitätsklinik Köln sowie der Augenklinik der belgischen UZ Leuven.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.
Bildquelle: Pedro Miguel Aires, unsplash