Im geplanten Cannabisgesetz werden Apotheken bisher außenvorgelassen. Warum das keine gute Idee ist und was sonst im Referentenentwurf steht, lest ihr hier.
Im Juli hat das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) einen Referentenentwurf für das kommende Cannabisgesetz veröffentlicht. Die Apotheke spielt darin – bedauerlicherweise – aber leider absehbar, nur eine Nebenrolle. Wichtigste Neuerung ist hier, dass geplant ist, Cannabis für medizinische Zwecke von der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung loszulösen. Die Abgabe in der Apotheke soll künftig auf einem normalen Muster-16-Rezept erfolgen.
In der Begründung des Referentenentwurfs finden sich neben den Argumenten für die Freigabe von Cannabis zu Genusszwecken auch Einlassungen zur medizinischen Verwendung von Cannabis: „Der medizinische Gebrauch von Cannabis hat sich als therapeutische Option bei der Versorgung insbesondere von chronisch kranken oder ansonsten austherapierten Patientinnen und Patienten etabliert. Die Forschung in diesem Bereich, insbesondere auch zur Entwicklung neuer Arzneimittel, nimmt zu. Dabei haben sich die diesbezüglichen Regelungen im Betäubungsmittelgesetz grundsätzlich bewährt. Um gleichwohl der geänderten Risikobewertung von Cannabis insgesamt gerecht zu werden, werden die Regelungen in ein eigenes Gesetz überführt und wo nötig modifiziert.”
Um diesem Bereich des Cannabiskonsums besser Rechnung tragen zu können, wurde also ein spezielles Gesetz geschaffen, das „Gesetz zur Versorgung mit Cannabis zu medizinischen und medizinisch-wissenschaftlichen Zwecken” (Medizinal-Cannabisgesetz – MedCanG). Hier finden sich auch alle für die Apotheken relevanten Regelungen.
Paragraph 3 besagt beispielsweise, dass Cannabis zu medizinischen Zwecken nur von Apotheken an Endverbraucher abgegeben werden darf. Eine Abgabe darf auch nach der Freigabe von Cannabis zu Genusszwecken nur gegen Vorlage einer ärztlichen Verschreibung erfolgen. Zahnärzte sowie Tierärzte sind im Übrigen nicht zur Verschreibung berechtigt. Ein Betäubungsmittelrezept soll dafür aber künftig nicht mehr vonnöten sein, und ein normales Privatrezept oder ein Muster-16-Kassenrezept genügt.
Das bedeutet im Endeffekt wenigstens eine Entbürokratisierung des Abgabeverfahrens in der Apotheke, denn damit ist das Abgabebelegverfahren nach der Betäubungsmittel-Binnenhandelsverordnung (BtMBinHV) nicht mehr anzuwenden, die Pflicht zur halbjährlichen Meldung entfällt zugunsten einer jährlichen Verpflichtung, und auch auf besondere Sicherungsmaßnahmen wird künftig verzichtet.
Dem BMG gehe es bei diesem Gesetz darum, „zu einem verbesserten Gesundheitsschutz beizutragen, die cannabisbezogene Aufklärung und Prävention zu stärken, den illegalen Markt für Cannabis einzudämmen sowie den Kinder- und Jugendschutz zu stärken”, wie es in der Zielsetzung des Referentenentwurfs heißt. Erlaubt sein soll künftig der gemeinschaftliche, nicht-gewerbliche Eigenanbau und der private Eigenanbau von Konsumcannabis. Personen über dem 18. Lebensjahr sollen bis zu 25 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum erlaubt sein, und sie dürfen bis zu drei weibliche Cannabispflanzen zum Zweck des Eigenkonsums züchten.
Dieser selbst gezüchtete Hanf darf auch im Bereich der Wohnung der anbauenden Person zum unmittelbar auf die Weitergabe folgenden gemeinschaftlichen Konsum anderen erwachsenen Personen unentgeltlich weitergegeben werden. Auch nicht-gewerbliche Anbauvereinigungen sollen mit behördlicher Erlaubnis Genusscannabis anbauen, und es an ihre Mitglieder ausschließlich zum Eigenkonsum abgeben dürfen. Die Anbauvereinigungen werden von Zeit zu Zeit behördlich überprüft, und müssen es auch dulden, dass Proben gezogen und zur Überprüfung durch ein Labor eingeschickt werden.
Diese Kontrollen dienen dem Schutz der Konsumenten. Dabei soll die Qualität von Konsumcannabis überwacht, und die Weitergabe verunreinigter Substanzen verhindert werden. Mit anderen Worten soll der „verantwortungsvolle Umgang mit Cannabis” durch einen kontrollierten Anbau und Abgabe sowie Beratungsmöglichkeiten erleichtert werden, um gesundheitliche Risiken zu minimieren. Unter diesem Aspekt ist es einigermaßen unverständlich, dass zwar die Menge der angebauten Pflanzen für Privatpersonen derart restriktiv geregelt wird, dem THC-Gehalt aber kaum Aufmerksamkeit geschenkt wird. Hier gibt es durchaus relevante Unterschiede bei den einzelnen Sorten und deren Anbauweise. Ein Hinweis darauf, dass der THC-Gehalt auf zehn Prozent begrenzt ist, findet sich immerhin. Wie der Privatanbauer oder auch die Anbaugemeinschaften dies zu jeder Zeit gewährleisten und überprüfen sollen, bleibt unklar.
Im Laufe des Jahres hatte sich trotz dieser Bedenken bereits abgezeichnet, dass nicht geplant ist, die Apotheken in den Anbau oder die Abgabe von Genusscannabis mit einzubeziehen. Das ist mehr als bedauerlich – und unter gesundheitlichen Aspekten betrachtet auch unverständlich, denn damit fehlt unter anderem eine Beratung zur Wirkung der unterschiedlichen Sorten, und zu den Wechselwirkungen mit Arzneimitteln. Auch die Qualitätssicherung und Identitätsprüfung der verschiedenen Blütensorten um die „Weitergabe verunreinigter Substanzen” zu verhindern, wäre über die Apotheken flächendeckend und niedrigschwellig zu realisieren gewesen, selbst wenn nicht alle Apotheken sich daran beteiligt hätten. Es bleibt damit eine vertane Chance für die Politik, die betroffenen Menschen und die Apotheken gleichermaßen.
Dieser Referentenentwurf wird nun in den kommenden Wochen durch die betroffenen Verbände und die Bundesländer genauestens begutachtet. Ihre Stellungnahmen werden zunächst ausgewertet, bevor anschließend eine Endversion des neuen Gesetzes erarbeitet wird, die ans Bundeskabinett überstellt wird. Der Deutsche Richterbund (DRB) warnt bereits vor einer Mehrbelastung der Justiz durch die geplanten Kontrollen und neuen Streitfragen rund um dieses „extrem kleinteilige Gesetz”. Auch der überwiegende Teil der Ärzte spricht sich gegen eine Legalisierung aus. Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, hat die Bundesländer kürzlich sogar dazu aufgefordert, die Cannabislegalisierung zu stoppen.
Das letzte Wort scheint also noch nicht gesprochen zu sein – vielleicht ist es doch noch möglich, hier politisch Einfluss zu nehmen.
Bildquelle: Getty Images, Unspalsh+