Wie Forscher anhand von Zellkulturen nun gezeigt haben, reagieren Neuronen auf drei grundlegenden Ebenen auf die Versorgungsleistung von Exosomen. Dieses neue Wissen kann womöglich zu neuen Behandlungswegen bei neuronalen Erkrankungen führen.
Für die Funktion von Neuronen spielen kleine Vesikel, die schützende Stoffe enthalten und sie an die Neuronen abgeben, offenbar eine wichtige Rolle. Wie Zellbiologen der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) festgestellt haben, können Neuronen die Minivesikel von benachbarten Gliazellen anfordern und sich so offenbar gegen Stress und andere ungünstige Bedingungen wappnen. Die Vesikel, Exosomen genannt, scheinen dabei die Neuronen auf verschiedenen Ebenen zu stimulieren: sie beeinflussen die elektrische Erregungsleitung, die biochemische Signalübertragung und die Genregulation. Exosomen sind damit multifunktionale Signalgeber, die möglicherweise einen bedeutenden Einfluss auf das Gehirn ausüben können.
Die Wissenschaftler haben in einer früheren Studie bereits beobachtet, dass Oligodendrozyten nach entsprechender Stimulation Exosomen ausschütten, die von den Neuronen aufgenommen werden und die neuronale Stresstoleranz verbessern. Oligodendrozyten sind eine Art von Gliazellen, die um die Axone der Neuronen eine isolierende Myelinhülle aufbauen. Die Exosomen transportieren protektive Proteine wie Hitzeschock-Proteine, glykolytische Enzyme und Enzyme, die den oxidativen Stress abbauen, von einem Zelltyp zum anderen, übertragen aber auch genetische Informationen in Form von Ribonukleinsäuren. Neuronen (blau), die Exosomen (grün) aufgenommen haben, zeigen eine verstärkte Präsenz des Enzyms Katalyse (rot), das vor Peroxiden schützt. © Abteilung Molekulare Zellbiologie, JGU „Wie wir jetzt in Zellkulturen festgestellt haben, agieren die Exosomen auf einer ganzen Bandbreite“, erklärt Dr. rer. nat. Eva-Maria Krämer-Albers den Prozess. Mit ihrer Versorgungsleistung regen die kleinen Bläschen die Neuronen nicht nur zu einer stärkeren elektrischen Aktivität an, sondern beeinflussen diese auch auf biochemischer und genregulatorischer Ebene. „Die Breite der Wirkungsweise der Exosomen ist beeindruckend“, so Krämer-Albers. Die Wissenschaftler hoffen, dass das Verständnis dieser Prozesse dazu beitragen kann, neue Wege für die Behandlung neuronaler Erkrankungen aufzuzeigen. Im nächsten Schritt soll die Wirkung der Vesikel im Gehirn von lebenden Organismen dargestellt werden. Originalpublikation: Multifaceted effects of oligodendroglial exosomes on neurons: impact on neuronal firing rate, signal transduction and gene regulation Dominik Fröhlich et al.; Philosophical Transactions of the Royal Society, doi: 10.1098/rstb.2013.0510; 2014