Diese Diskussion erhitzt die Gemüter: Was ist gesünder, eine pflanzen- oder tierbasierte Ernährung – und welche Rolle spielen dabei Eiweiße? Eine aktuelle Meta-Analyse versucht, Klarheit zu schaffen.
Fleisch und tierische Produkte sind reich an Proteinen – das ist gut, oder? In der aktuellen Lebensmittelpyramide vom Bundeszentrum für Ernährung, mit der insbesondere Kindern eine gesunde Ernährung vermittelt werden soll, sind Milchprodukte, Fisch und Fleisch fester Bestandteil, obwohl viele Studien belegen, dass der Verzehr von Fleisch Krankheiten begünstigen kann. Auch die World Health Organisation (WHO) schlug in den letzten Jahren Alarm und stuft rotes Fleisch als Gruppe-IIA und verarbeitetes Fleisch sogar als Gruppe-I Kanzerogen ein – also genauso krebserregend wie Rauchen. Sollten wir uns lieber alle vegan ernähren?
In einer Übersichtsarbeit fassten nordeuropäische Wissenschaftler jetzt verschiedene Studien zu dem Thema zusammen und arbeiteten heraus, welche Erkrankungen mit dem Konsum tierischer Eiweiße zusammenhängen. Ein Teil der Studien substituierte dabei die Proteinquellen in der Ernährung entweder mit einem pflanzlichen Protein oder durch beispielsweise Casein als tierisches Eiweiß.
Die Ernährung spielt für die Herzgesundheit eine große Rolle, das ist hinreichend bekannt. Insbesondere der reichliche Konsum von gesättigten Fettsäuren, wie sie etwa in Fast Food enthalten sind, steigert das Risiko, an einer Herzerkrankung zu sterben. In der aktuellen Studie fokussierten sich die Forscher allerdings auf den Einfluss von tierischem Eiweiß auf die kardiovaskuläre Gesundheit. Ihr Review ergab, dass eine isokalorische Substitution des tierischen durch pflanzliches Protein mit einem reduzierten Risiko für die Mortalität bei kardiovaskulären Erkrankungen (CVD) assoziiert ist.
Die American Heart Association (AHA) hat einige Studien ausgewertet und kam zu dem Schluss, dass zu viel LDL-Cholesterin als Risikofaktor für CVD nicht ausgeschlossen werden kann. Der Cholesterinspiegel wird bekanntermaßen durch gesättigte Fettsäuren erhöht – und ein erhöhter Cholesterinspiegel ist ein Risikofaktor für Arteriosklerose und Herzerkrankungen. Dass aber auch die Proteinquelle einen Einfluss auf den Cholesterinspiegel hat, konnten Studien bereits zeigen.
In ihrer Übersichtsstudie bestätigten die nordischen Wissenschaftler den positiven Effekt von pflanzlichen Proteinquellen auf den Cholesterinspiegel. Hier hatten Probanden, die pflanzliches Protein verzehrten, einen insgesamt niedrigeren Cholesterinspiegel – insbesondere in Bezug auf LDL-Cholesterin – als Probanden, die tierisches Eiweiß aßen (Gesamtcholesterin (-0,11 mmol/L, 95 % KI, -0,22, -0,01), LDL-Cholesterin (-0,14 mmol/L, 95 % KI, -0,25, -0,02), Angaben in mmol/L = durchschnittliche Reduktion des Cholesterinwerts durch pflanzliche Eiweiße in Ernährung). Die Erklärung dafür könnte laut der Forscher sein, dass man beim Konsum von pflanzlichen Eiweißquellen auch Isoflavonoide zu sich nimmt. Diese können den Cholesterinspiegel (zu einem gewissen Grad) senken. Ein eingeschränkter Konsum von cholesterinhaltigen Lebensmitteln, also eine eher pflanzenbasierte Ernährung, ist demnach empfehlenswert – wobei tierische Produkte, laut AHA, nicht vollständig gemieden werden müssen.
Die Forscher haben außerdem den Einfluss von Eiweißen aus der Ernährung auf Typ-2-Diabetes untersucht. Dabei fanden sie einen positiven Effekt von pflanzlichen Proteinen gegenüber tierischer Eiweißquellen (mit Ausnahme von Eiern), wobei die pflanzlichen Eiweiße mit einer Reduktion des Typ-2-Diabetes Risikos um bis zu 20 % assoziiert waren. Andere Studien belegen, dass der Verzehr von tierischem Eiweiß eine Insulinresistenz fördern kann. Eine pflanzenbasierte Ernährung könnte also ein vielversprechender Therapieansatz sein. Daher sollte Patienten eine überwiegend pflanzenbasierte Ernährung zur Prävention, aber auch bei einem schon vorhandenen Typ-2-Diabetes empfohlen werden.
Dass eine Ernährung mit tierischen Eiweißen auch Einfluss auf die mentale Gesundheit haben kann, zeigte jetzt eine Studie mit iranischen Frauen. Die Wissenschaftler untersuchten die Auswirkungen von tierischen Eiweißen auf das Auftreten von Depression, Angstzuständen und Stress – und fanden einen starken Zusammenhang. Obwohl diese Assoziation noch genauer untersucht werden muss, könnte eine Ernährungsumstellung ein nebenwirkungsarmer Therapieansatz sein.
Neben Fett, Zucker und Salz sollte also auch auf tierische Eiweiße geachtet werden. Das bedeutet keinesfalls, dass vollständig auf tierische Produkte verzichtet werden muss. Trotzdem sagen die Forscher, dass tierisches Eiweiß eine nicht zu vernachlässigende Rolle für viele Erkrankungen spielen kann. Und auch andere im Fleisch enthaltene Stoffe (gesättigte Fettsäuren, oder Kanzerogene, die beim Garen von Fleisch entstehen) sollen wohl ihren Teil zu kardiovaskulären Krankheiten, Krebs und Diabetes beitragen.
Dazu sei natürlich erwähnt, dass Ernährungsstudien oft nur Beobachtungsstudien sind. Sie sind schwer durchzuführen und es können auch andere Faktoren Einfluss nehmen. Interpretationen zur Kausalität sind deswegen oft schwierig, weshalb hier nur von Korrelationen zu sprechen ist. Trotzdem empfehlen Fachgesellschaften wie die AHA, aus den oben genannten Gründen eher weniger Lebensmittel tierischen Ursprungs zu sich zu nehmen. Eine pflanzenbasierte Ernährung ist außerdem reich an Ballaststoffen, Vitaminen und enthält sekundäre Pflanzenstoffe, wie Polyphenole, die sich positiv auf die allgemeine Gesundheit auswirken können.
Wer jetzt Angst hat, seinen Proteinbedarf nicht decken zu können, der sei beruhigt. Als Alternative darf man auch öfter mal zu Hülsenfrüchten und Tofu greifen – in Sachen Eiweißgehalt können die nämlich allemal mithalten.
Bildquelle: Louis Hansel, unsplash