Forscher haben die Bedeutung des Notch-Signalwegs für die Evolution der Zahnform untersucht. Mutationen dieses evolutionären Signalwegs können zu defektem Zahnschmelz führen.
Studien zur Evolution von Säugetieren stützen sich häufig auf die Analyse von Zähnen, da diese die am besten erhaltenen Teile fossiler Skelette sind. Die Form der Zähne und die Zusammensetzung des Zahnschmelzes – des am stärksten mineralisierten Gewebes des Körpers – geben deshalb Aufschluss über die Artenbildung, die über 200 Millionen Jahre Evolution stattgefunden hat. Diese evolutionären Anpassungen, welche mit genetischen Veränderungen verbunden sind, haben zu einer umfassenden Diversifizierung der Zelltypen bei Tieren beigetragen.
Ein Forschungsteam des Zentrums für Zahnmedizin der Universität Zürich (UZH) hat nun den Notch-Signalweg als das zentrale Gennetzwerk für die evolutionäre Veränderung der Zahnform und der Zusammensetzung des Zahnschmelzes identifiziert. Der Notch-Signalweg ist ein uralter, evolutionär konservierter Signalmechanismus, der Entscheidungen über den Zellstatus und die korrekte Entwicklung der meisten Organe, darunter auch der Zähne, kontrolliert.
Anhand genetisch veränderter Mausmodelle analysierte das Team um Thimios Mitsiadis, Professor für Oralbiologie am Zentrum für Zahnmedizin der UZH, die Auswirkungen der Notch-Rezeptoren auf die Zähne. Fehlten diese Rezeptor-Moleküle, beeinträchtigte dies auch die Zahnmorphologie und die Bildung des Zahnschmelzes, da zahlreiche wichtige Gene mutierten. Dieser veränderte Notch-Signalweg führte zu einer evolutionären Regression und damit zu weniger komplexen Zahnstrukturen, die eher an das Enameloid von Fischen – ein weicheres, strukturell einfaches Gewebe – als an den harten Säugetier-Zahnschmelz erinnern.
Laut Erstautor Mitsiadis werfen die Befunde der Studie ein neues Licht auf den Notch-Weg als eine der entscheidenden Komponenten für die Variationen der Zahnform und des Zahnschmelzes. „Wir stellen die Hypothese auf, dass die Evolution der Zähne von der Notch-Signalübertragung abhängt“, sagt Mitsiadis. „Dank dieser Signalübertragung wurden aus den bereits vorhandenen primitiven Zahnzelltypen neue Zelltypen, welche die Bildung komplexerer und einzigartiger Strukturen wie dem Zahnschmelz ermöglichten.“
Die Korrelation zwischen Notch-Molekülen und der Entstehung verschiedener Zahnzelltypen könnte so einen allgemeinen Mechanismus darstellen, welcher der Ausbildung spezialisierter Zelltypen bei Säugetieren zugrunde liegt. „In den Zähnen lösen Mutationen der Notch-Signalübertragung die Unterdrückung spezifischer Zahnzelltypen aus, die im Laufe der Evolution erworben wurden. Der Verlust dieser Zellen führt zu Fehlbildungen im Zahnschmelz und morphologisch veränderten Zähnen“, erklärt Mitsiadis. Die Modellierung dieser Veränderungen ermögliche demnach Vorhersagen darüber, wie sich gewisse Mutationen beim Menschen auf den Zahnschmelz auswirken könnten.
Der Beitrag basiert auf einer Pressemitteilung der Universität Zürich. Die Originalpublikation findet ihr hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Rudi Fargo, unsplash