Eine Fall-Kontroll-Studie fördert Bekanntes und Neues zu Tage: Nicht nur Immunsuppressiva lösen unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) wie Entzündungen der Bauchspeicheldrüse aus. Präparate mit Baldrian oder Teufelskralle sind ebenfalls schuldig im Sinne der Anklage.
In Deutschland liegt die Inzidenz akuter Pankreatitiden (AP) bei 20 Fällen pro 100.000 Einwohner. Als häufigste und bekannteste Ursachen sind Alkoholabusus und Gallensteine zu nennen, gefolgt von Diabetes mellitus, anatomischen Fehlbildungen, genetischen Risikofaktoren oder Nikotinabusus. Medikamente gewinnen zahlenmäßig an Bedeutung. Forscher haben deshalb mit der Berliner Fall-Kontroll-Surveillance-Studie (FAKOS) verschiedene Präparate auf ihr pankreatotoxisches Risiko hin untersucht.
Im Rahmen von FAKOS erfassten Wissenschaftler Daten auf mehr als 200 Stationen aller 51 Berliner Krankenhäuser. Darunter befanden sich Abteilungen wie die Anästhesiologie, die Chirurgie, die innere Medizin, die Neurologie, die Orthopädie und die Psychiatrie. Um von einer akuten Pankreatitis zu sprechen, mussten zwei von drei der folgenden Kriterien erfüllt sein: Veränderung von Laborparametern wie Pankreaslipase oder -amylase, Oberbauchschmerzen oder Befunde aus der Bildgebung. Bei der Analyse berücksichtigten Forscher Daten von 102 Patienten.
Den Autoren gelang es, bekannte Risiken für Arzneistoffe zu bestätigen. Sie nennen Immunsuppressiva wie Azathioprin, Mesalazin und Mercaptopurin. Hinzu kommen verschiedene ACE-Hemmer. Neue Hinweise zum Risiko einer akuten Pankreatitis gingen beim Lipidsenker Fenofibrat und beim Immunsuppressivum Leflunomid ein – „beides Substanzen, die bisher in diesem Zusammenhang selten gemeldet worden waren“, heißt es im Beitrag. Damit nicht genug: „Interessanterweise deutet unsere Studie auch auf ein potenzielles Risiko für Substanzen hin, die bislang in der medizinischen Literatur nie mit einer AP assoziiert wurden.“ Konkret handelt es sich um Phytopharmaka mit Teufelskralle oder Baldrian.
Obwohl weitere Studien notwendig sind, liefert FAKOS Argumente gegen einen „sorglosen Einsatz solcher Medikamente, insbesondere wenn die Wirksamkeit nicht durch kontrollierte klinische Studien gut belegt ist“, wie die Autoren schreiben. Steht eine akute Pankreatitis als Verdachtsdiagnose im Raum, sind Apotheker gefragt, um die Medikation zu analysieren. Ein Blick auf Phytopharmaka schadet nie.