Soziale Isolation wirkt sich mit großer Wahrscheinlichkeit negativ auf die Leistung des Gehirns aus. Bei Menschen, die wenig soziale Kontakte haben nimmt die kognitive Leistungsfähigkeit schneller ab – so eine Studie.
Die graue Substanz steuert alle Hirnfunktionen sowie sämtliche Funktionen des Zentralnervensystems. In einer aktuellen Studie haben Leipziger Wissenschaftler gezeigt, dass bei Menschen älter als 50 Jahre und mit wenig sozialen Kontakten eine beschleunigte Abnahme dieser Substanz im Hippocampus und der Hirnrinde stattfindet. Die Längsschnittdaten von 1.900 Teilnehmern des Forschungsprojekts legen außerdem nahe, dass Menschen, die ihr soziales Netz bewahren oder ausbauen, ihre Gehirnstruktur und Denkleistung besser erhalten, als solche, die sozial isoliert leben.
„Das Auffinden dieser Effekte bei gesunden Menschen legt einen kausalen Zusammenhang zwischen sozialer Isolation und einer schnelleren Abnahme der kognitiven Leistungsfähigkeiten nahe. Darüber hinaus konnten wir Hinweise finden, dass diese vom Lebensstil abhängige Veränderung des Gehirns schon ab dem Alter von 50 Jahren von Bedeutung ist. Deshalb sollten Präventionsmaßnahmen gegen den kognitiven Abbau bereits sehr früh starten“, sagt Studienautorin Dr. Veronica Witte.
Die soziale Isolation wurde bei den Teilnehmern der Studie mit standardisierten Fragebögen erfasst. Sie durchliefen eine mehrtägige umfangreiche Testung, in der ihre medizinische Biografie und der aktuelle Gesundheitsstatus untersucht wurden. Mit einer Kombination kognitiver Tests wurde die Leistung der Probanden in Bezug auf Gedächtnis, Aufmerksamkeit und mentale Flexibilität ermittelt. Hochauflösende 3-Tesla-MRT-Bilder und computergestützte Auswerteroutinen erfassten die Gehirnstruktur.
„Die Ergebnisse untermauern die Relevanz sozialer Isolation für Demenz. Darüber hinaus können wir durch unsere Erkenntnisse auf die Bedeutung hinweisen, soziale Isolation effektiv zu bekämpfen und präventiv gegen Demenz vorzugehen“, so Dr. Witte. Dank der großen Stichproben und wiederholten Testungen konnte der Zusammenhang von sozialer Isolation, Gehirnstruktur und kognitiven Funktionen in besonders hoher Qualität untersucht werden.
Die Wissenschaftler wollen die Natur des Zusammenhangs von sozialer Isolation und kognitiver Gesundheit künftig weiter unter die Lupe nehmen, um über ein besseres Verständnis der zugrundeliegenden Mechanismen neue Strategien für die Prävention und Therapie dementieller Erkrankungen zu entwickeln. Dabei scheinen gesellschaftliche Werte wie Gemeinschaft und Solidarität ein Hebel zu sein, soziale Isolation zu vermindern und so kognitives Altern möglicherweise zu verlangsamen.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Universität Leipzig. Hier findet ihr die Originalpublikation.
Bildquelle: Sasha Freemind, unsplash