Pankreas, Lunge, Rektum: Auch auf dem diesjährigen ASCO war für alle was dabei. Lest hier meine Top 4 Themen.
INDIGO – Gliome Grad 2: Die INDIGO-Studie, eine randomisierte, doppelt verblindete und placebo-kontrollierte Phase-III-Studie, war die erste von mehreren als Practice Changing vorgestellten Studien. Untersucht wurde die Behandlung von Gliomen Grad 2 mit Isocitrat-Dehydrogenase-1- oder 2-Mutation (IDH1/IDH2) mit dem oralen IDH-Inhibitor Vorasidenib vs. Placebo. Insgesamt wurden 331 Patienten in die Studie eingeschlossen, welche ein mehr als verdoppeltes progressionsfreies Überleben (PFS) für den experimentellen Arm zeigen konnte (27,7 vs. 11,1 Monate, HR 0,39, p = 0,000000067). Bei einem verträglichen Nebenwirkungsprofil, in welchem sich v. a. unter Vorasidenib Erhöhungen der Alanin-Aminotransferase zeigten, stellt dies die erste Phase-III-Studie mit einer wirkungsvollen zielgerichteten Therapie von Gliom-Patienten mit einer IDH1/2-Mutation dar.
NORPACT-1 – resektables Pankreaskopfkarzinom: Der Stellenwert perioperativer, insbesondere neoadjuvanter Therapie beim Pankreaskarzinom ist weiterhin umstritten. In der Phase-II-Studie NORPACT-1 wurden Patienten mit einem resektablen Pankreaskopfkarzinom randomisiert entweder vier Zyklen neoadjuvanter Chemotherapie mit FOLFIRINOX (5-FU, Folinsäure, Oxaliplatin, Irinotecan), gefolgt von einer Tumorresektion und weiteren 8 Zyklen Chemotherapie, zugeführt oder aber einem Kontrollarm aus direkter Resektion und 12 Zyklen adjuvantem FOLFIRINOX. Der primäre Endpunkt war das Gesamtüberleben (OS). Die neoadjuvante Behandlung führte hier nicht zu einer Verbesserung des OS, weder nach 18 Monaten (59,7 % vs. 73,0 %, p = 0,1) noch im Median (25,1 vs 38,5 Monate, p = 0,096), sondern tendenziell war das Überleben in der vorbehandelten Gruppe sogar (nicht-signifikant) schlechter.
Dies verwundert, da die neoadjuvante Behandlung immerhin mit einer signifikant höheren Rate an N0- (p = 0,002) und R0-Resektionen (p = 0,011) assoziiert war. Hier werden weitere Studien den Stellenwert der perioperativen Therapie weiter evaluieren müssen. Es gilt, u. a. jene Patienten zu identifizieren, die ggf. von einer neoadjuvanten Behandlung profitieren.
PROSPECT – lokal fortgeschrittenes Rektumkarzinom: Ein interessantes Studiendesign wies die im Rahmen der Plenary Session vorgestellte PROSPECT-Studie auf. Zur Standardbehandlung des fortgeschrittenen Rektumkarzinoms gehört die neoadjuvante kombinierte Strahlen-/Chemotherapie, gefolgt von einer totalen mesorektalen Exzision (TME). Die PROSPECT verfolgte nun das Ziel, einen selektiven Einsatz der Strahlen-/Chemotherapie zu evaluieren: Die Kontrollgruppe erhielt vor TME wie gewohnt eine Radiatio mit strahlensensibilisierender Chemotherapie mit 5-FU oder Capecitabin, während die Interventionsgruppe 6 Zyklen einer Chemotherapie mit mFOLFOX6 (5-FU, Folinsäure, Oxaliplatin) und ein anschließendes Restaging erhielt. Wenn sich in diesem ein Tumorrückgang von > 20 % zeigte, wurden die Patienten der TME zugeführt. Anderenfalls erhielten sie vorher ebenfalls noch eine Strahlen-/Chemotherapie.
Mit 1.128 behandelten Patienten handelte es sich hier um eine sehr große Studie. Während es letztlich zwischen den beiden Armen zu keinen signifikanten Unterschieden in Hinblick auf das OS, die Rate an R0-Resektionen oder pathologischen Komplettremissionen kam, konnte die Studie dennoch ihren primären Endpunkt erreichen: die Nichtunterlegenheit des experimentellen Armes bzgl. des krankheitsfreien Überlebens (80,8 (FOLFOX) vs. 78,6 Monate, HR 0,92, p = 0,0051). Somit setzt die PROSPECT zwar keinen neuen Standard, erweitert aber das Spektrum an neoadjuvanten Therapiestrategien des lokal fortgeschrittenen Rektumkarzinoms.
KEYNOTE-617 – nicht-kleinzelliges Lungenkarzinom: Nachdem bereits im vergangenen Jahr die CheckMate 816-Studie den Nutzen einer Checkpointinhibitor-Therapie in der neoadjuvanten Therapie des nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms (NSCLC) gezeigt hatte, folgten nun die Ergebnisse der KEYNOTE-617. In dieser randomisierten, doppelt verblindeten und placebo-kontrollierten Phase-III-Studie wurde die perioperative Therapie resektabler NSCLC (Stadium II, IIIA oder IIIB) mit dem PD-1-Inhibitor Pembrolizumab untersucht. Patienten erhielten neoadjuvant vier Zyklen einer Cisplatin-basierten Chemotherapie plus Pembrolizumab oder Placebo, gefolgt von einer Resektion und anschließender Erhaltungstherapie mit Pembrolizumab bzw. Placebo für bis zu 13 Zyklen.
Hinsichtlich des ereignisfreien Überlebens nach 24 Monaten, einem von zwei primären Endpunkten, zeigte sich die Hinzunahme von Pembrolizumab signifikant überlegen (62,4 % vs. 40,6 %, HR 0,58, p < 0,001). Auch für das OS nach 24 Monaten zeigte sich ein tendenziell besseres Ergebnis im experimentellen Arm (80,9 % vs. 77,6 %, p = 0,02), welches aber das zuvor festgelegte Signifikanzniveau (noch) nicht erreichte. Auch bzgl. pathologischer Komplettremissionen zeigte sich die Immuntherapie deutlich überlegen (18,1 % vs. 4 %, p < 0,0001). Es ist abzusehen, dass die Kombinationsbehandlung aus Chemo- und Immuntherapie der neue Standard in der neoadjuvanten Behandlung von frühen NSCLC werden wird.
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