Patientinnen mit einem Gebärmutterhalstumor im Frühstadium wurden bisher mit einer Radikaloperation behandelt. Doch eine Vergleichsstudie zeigt nun: Eine kleinere, viel schonendere Operation ist ebenso effektiv. Lest hier mehr dazu.
An Gebärmutterhalskrebs erkranken in Deutschland jährlich rund 4.500 Frauen. Bei vielen Patientinnen ist der Tumor oft kleiner als zwei Zentimeter im Durchmesser und höchstwahrscheinlich auf die Gebärmutter beschränkt – mithin noch nicht in den Körper gestreut. Die Fünf-Jahres-Überlebensrate dieser Betroffenen beträgt derzeit über 90 Prozent.
Bisher wurden die Patientinnen standardmäßig mit einer Radikaloperation behandelt. Dabei wird die Gebärmutter plus angrenzendes Bindegewebe sowie der obere Teil der Scheide entfernt. „Mit der zusätzlichen Entfernung des gesunden Gewebes wollten wir sichergehen, dass wirklich keine Zellen des Gebärmutterhalskrebses im Körper bleiben“, erklärt Prof. Sven Mahner, Direktor der Frauenklinik an der LMU und Leiter der Studie in Deutschland.
In jüngster Zeit aber mehrten sich Stimmen, dass dies zu viel des Guten sein könnte – zumal dieser radikale Ansatz oft mit akuten Nebenwirkungen behaftet ist, wie Verletzungen der Blase, Blasenschwäche und Blasenentleerungsstörungen. Nicht selten treten derlei Blasenprobleme auch langfristig auf. Lebensqualität und sexuelle Gesundheit der Patientinnen sind letzten Endes vermindert. Verminderte sexuelle Gesundheit bedeutet: Die Frauen machen sich zum Beispiel viele Sorgen um ihre Sexualität und sind nach einem radikalen Eingriff sexuell weniger aktiv.
Alternativ zur Radikaloperation kann auch ausschließlich die Gebärmutter entfernt werden. Die Frage, ob sich dadurch das Risiko von Rückfällen erhöht, hat nun die neue, international angelegte SHAPE-Studie untersucht. 700 Frauen – auch aus dem LMU-Klinikum – wurden nach dem Zufallsprinzip entweder einer einfachen oder einer radikalen OP unterzogen. Die Patientinnen wurden sorgfältig ausgewählt und hatten Tumoren mit einer maximalen Größe von zwei Zentimetern.
Ergebnis bei einer durchschnittlichen Nachbeobachtungszeit von viereinhalb Jahren: eine vergleichbar niedrige Rückfallrate von gut zwei Prozent in beiden Gruppen nach drei Jahren. Hinzu kommt, wie Mahner sagt: „Die kurz- und langfristigen Nebenwirkungen reduzieren sich mit der schonenderen OP-Variante deutlich. Das ist auch logisch, weil im Bindegewebe neben der Gebärmutter viele Nerven verlaufen, die die Blase, aber auch Vagina und Klitoris versorgen und damit eine OP in diesem Bereich Schaden anrichtet.“
Bei sorgfältig ausgewählten Tumoren können Operateure fortan guten Gewissens die radikale durch die einfache Operation ersetzen. Unter diesen Gegebenheiten ist entscheidend, den Tumor gründlich zu untersuchen – einschließlich Größe, Bildgebung und Gewebemerkmalen – um sicherzustellen, dass eine Patientin wirklich ein geringes Risiko für einen Rückfall hat. „Die Diagnostik und Therapie in einem erfahrenen, zertifizierten Gynäkologischen Krebszentrum ist daher von größter Bedeutung, um sicherzustellen, dass weder eine Unter- noch eine Übertherapie stattfindet“, betont Mahner. „Die wichtige Rolle der zertifizierten Krebszentren für ein besseres Überleben unserer Patientinnen hat sich in Deutschland in den vergangenen Jahren klar gezeigt.“
Dieser Artikel beruht auf einer Pressemitteilung des Klinikums der Universität München. Die Originalstudie haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Katherine Hanlon, unsplash