Angst, Anpassungsschwierigkeiten und Depressivität: Das sind die häufigsten psychischen Probleme, mit denen Krebspatienten zu kämpfen haben. Jeder Dritte ist betroffen. Dies hat nun eine Studie ergeben, für die bundesweit mehr als 4.000 Patienten befragt wurden.
Die psychologische Betreuung von Krebspatienten hat sich zu einem wichtigen Therapiezweig entwickelt. Denn eine Krebserkrankung ist ein einschneidendes Erlebnis: Ängste, Hilflosigkeit, Kontrollverlust treten an die Stelle von Sicherheit und Vertrauen. Im schlimmsten Fall kann sich eine nicht behandelte psychische Störung negativ auf den Erfolg der medizinischen Therapie auswirken.
„Durchschnittlich 32 Prozent aller von uns im Rahmen von klinischen Interviews befragten Krebspatienten benötigten psychoonkologische Hilfe“, erläutert Prof. Dr. Anja Mehnert, Abteilung für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie des Universitätsklinikums Leipzig und Studienkoordinatorin. „Ein Teil der Patienten hatten sogar mit mehr als einer psychischen Störung zu kämpfen: Etwa sechs Prozent der Befragten litten unter zwei verschiedenen Störungen, während bei eineinhalb Prozent der Teilnehmer sogar drei oder mehr Störungen diagnostiziert wurden.“ Das Spektrum der psychologischen Belastungen von Krebspatienten ist groß. Häufigste Begleiter einer Krebserkrankung sind Angststörungen: Angst vor der Krankheit, vor der Therapie, vor der Möglichkeit des Sterbens. Jeder siebte Studienteilnehmer litt darunter.
Fast jeder neunte Betroffene hatte mit Anpassungsstörungen – also mit Schwierigkeiten, sich an die neue Lebenssituation anzupassen – zu kämpfen. Am dritthäufigsten waren depressive Störungen, jeder fünfzehnte Patient war davon betroffen. Auch somatoforme Erkrankungen, also körperliche Beschwerden ausgelöst durch den Stress der Erkrankung, Substanzmissbrauch oder Alkoholabhängigkeit gehörten zum Spektrum der psychischen Störungen. Besonders gefährdet waren Betroffene, die an Mammakarzinom, malignem Melanom oder einem Tumor des Kopf- oder Halsbereiches erkrankt sind: 42 Prozent aller Mammakarzinom-Betroffenen benötigten psychoonkologische Hilfe, bei Kopf- oder Halstumoren waren es 41 Prozent, bei Hautkrebs 39 Prozent. Patienten mit Pankreaskarzinom (20 Prozent), Magen- oder Ösophaguskarzinom (21 Prozent) und Prostatakarzinom (22 Prozent) waren vergleichsweise weniger häufig betroffen.
„Die Krebsart, an welcher der Betroffene erkrankt ist, spielt eine wichtige Rolle nicht nur bei der medizinischen Therapie, sondern auch bei der psychoonkologischen Behandlung. Auch viele andere Faktoren, wie etwa Alter oder soziales Umfeld müssen berücksichtigt werden“, so Prof. Dr. Uwe Koch-Gromus, Dekan der Medizinischen Fakultät des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf und Leiter der Studie. Originalpublikation: Four-Week Prevalence of Mental Disorders in Patients With Cancer Across Major Tumor Entities Anja Mehnert et al.; Journal of Clinical Oncology, doi: 10.1200/JCO.2014.56.0086; 2014