Herzstolperer treten bei Kaffeetrinkern und Abstinenten gleichermaßen auf. Bringt also Kaffee Herzen wirklich aus dem Takt? Lest hier mehr.
Lange mahnten Ärzte Kaffeetrinker dazu, sich zu zügeln – immerhin könnten sich die proarrhythmischen Effekte des Gebräus negativ auf die Gesundheit auswirken. Doch das scheint inzwischen überholt. Laut einiger Studien soll sich der moderate Genuss von Kaffee sogar günstig auf das Herzkreislaufrisiko auswirken.
Coffeeholics dürften sich abermals freuen, denn die Ergebnisse eine Studie in NEJM liefern erneut Hinweise auf die Unbedenklichkeit des Kaffeetrinkens – zumindest für gesunde Personen. Die Forscher wollten wissen, ob sich der Genuss von Kaffee unmittelbar auf den Herzrhytmus, die Schlafdauer, tägliche Schrittzahl und den Blutzuckerspiegel auswirkt.
Dazu nutzten die Forscher eine ausgeklügelte Methode: Während sich viele Kaffeestudien mit Fragebögen zum Lebensstil der Teilnehmer begnügen, haben die Forscher den Kaffeekonsum (oder -verzicht) ihre Probanden über den Untersuchungszeitraum bis ins kleinste Detail überwacht. Und so liefs ab:
Die Wissenschaftler statteten rund 100 gesunde, nicht herzkranke Probanden im Alter von durchschnittlich 39 Jahren mit verschiedenen Gadgets aus: einem durchgehend aufzeichnenden EKG-Gerät, einem am Handgelenk getragenen Schrittzähler und einem kontinuierlichen Glukosemonitor. Über zwei Wochen erhielten die Teilnehmer per SMS die Anweisung, ob sie die nächsten zwei Tage Kaffee trinken sollten oder verzichten mussten.
Bei jedem konsumierten Kaffee waren die Probanden angewiesen, einen Knopf an ihrem EKG-Gerät zu drücken, um jedem Getränk einen Zeitstempel im EKG zuzuweisen. Zusätzlich sollten sie die Getränke in ihrer App eingetragen werden. Die Teilnehmer wurden jeden Morgen zum Kaffeekonsum des Vortags befragt. Die Wissenschaftler trackten sogar per Smartphone die Café-Besuche ihrer Probanden.
Wie erging es nun den Teilnehmern? Wie sich herausstellte, traten außerplanmäßige Herzschläge, die in den Vorhöfen entstehen (supraventrikuläre Extrasystolen), an Kaffeetagen im Schnitt nicht signifikant häufiger auf als an Tagen, an denen die Probanden auf Kaffee verzichteten (58 vs. 53; RR 1,09; KI 95 % 0,98–1,20; p=0,10). Das ist insofern wichtig, als dass häufig auftretende supraventrikuläre Extrasystolen als eine Ursache für Vorhofflimmern diskutiert werden und möglicherweise das Risiko für Herzinsuffizienz erhöhen. Auch kurzzeitige supraventrikuläre Tachykardien, also Herzrasen, traten bei Kaffeetrinkern nicht häufiger auf. In diesem Sinne können Kaffeetrinker also aufatmen.Effekte von Kaffeekonsum und -verzicht auf Herzrhythmus, Schrittzahl und Schlafdauer. Credit: Marcus G M et al.Herzstolperer, die von den Herzkammern ausgehen (ventrikuläre Extrasystolen) waren aber überraschenderweise häufiger, wenn die Personen Kaffee tranken (154 vs. 102; RR: 1,51; KI 95 % 1,18–1,94). Für gesunde Personen, wie hier in der Studie, ist das aber unproblematisch.
Einen positiven Effekt hatte der tägliche Kaffeekonsum auf die Bewegung. Kaffeetrinker legten im Durchschnitt 1.058 Schritte mehr am Tag zurück, verglichen mit Tagen ohne Koffein – was rund einem zusätzlichen Kilometer pro Tag entspricht (10.646 vs. 9.665; mittlere Differenz 1.058, KI 95 %: 441–1.675). Dafür ging der Kaffeegenuss mit einer kürzeren Schlafdauer einher: Die Probanden, die zuvor Kaffee tranken, schliefen im Schnitt 36 Minuten weniger pro Nacht (397 vs. 432 min Schlaf pro Nacht; mittlere Differenz 36 min, KI 95 %: 25–47). Auf den Blutzuckerspiegel nahm der Kaffeegenuss offenbar keinen Einfluss, zumindest konnten die Forscher keine Unterschiede zwischen Konsum und Verzicht festmachen (Serum-Glukose-Level: 95 mg/dl vs. 96 mg/dl; mittlere Differenz –0,41; KI 95 % −5,42–4.60).
Insgesamt bietet die Studie eine beruhigende Botschaft für alle (gesunden) Kaffeesüchtigen da draußen. Ja, der Schlaf scheint etwas kürzer und die Herzkammern etwas mehr auf Trab zu sein – auf der anderen Seite könnte der tägliche Kaffee den zusätzlichen Kick geben, um mehr Schritte am Tag zu erreichen.
Abbildung erstellt mit Biorender.com
Bildquelle: Jakub Dziubak, Unsplash