Die EU hat sich das Thema Krebsprävention auf die Fahnen geschrieben. Die MHH will mit personalisierten Bewegungsprogrammen das Krebsrisiko reduzieren und die Lebergesundheit verbessern.
In der Europäischen Union sind etwa drei Millionen Menschen von Krebs betroffen. Für 1,34 Millionen von ihnen verläuft die Erkrankung tödlich. Rund 40 Prozent der Krebsfälle wären durch wirksame Vorsorgestrategien wie eine gesündere Lebensweise und Früherkennung jedoch vermeidbar. Um das zu erreichen, hat die EU die Förderlinie „Mission Cancer“ aufgelegt, in deren Rahmen Vorhaben zur Krebsprävention unterstützt werden.
Eines davon ist das Projekt PIECES, ein Konsortium aus 16 Mitgliedern aus zehn EU-Ländern, an dem auch die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) mit der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie, Infektiologie und Endokrinologie sowie der Klinik für Rehabilitations- und Sportmedizin beteiligt ist. Ziel ist es, zu untersuchen, weshalb bereits vorhandene wirksame Programme zur Krebsprävention bei der Umsetzung im Alltag häufig scheitern und wie diese besser auf die Bedürfnisse der Menschen und die nationalen Voraussetzungen angepasst werden können.
„Wir haben in der EU viele gute Programme zur primären Krebsprävention, die aber leider nicht immer und überall funktionieren“, sagt Prof. Heiner Wedemeyer, Direktor der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie, Infektiologie und Endokrinologie. Das Projekt PIECES biete die Möglichkeit, die große Bandbreite an Präventionsmaßnahmen, deren Wirksamkeit in kontrollierten Umgebungen bereits nachgewiesen sind, nun unter den realen Bedingungen zu überprüfen. Dabei befassen sich Teilprojekte mit der Verbesserung der folgenden Risikofaktoren: Tabak- und Alkoholkonsum, Bewegungsmangel, Infektionen mit Humanen Papillomaviren (HPV), UV-Belastung und ernährungsbedingten Faktoren. Das MHH-Teilprojekt konzentriert sich auf den Schwerpunkt Bewegung in Zusammenhang mit Lebergesundheit.
„Mit ausreichender körperlicher Aktivität sinkt nicht nur das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, sondern auch für chronische Entzündungen, die das Risiko für eine Vielzahl von Krebserkrankungen erhöhen“, erklärt Prof. Uwe Tegtbur. Das hat der Sportmediziner bereits in mehreren Studien nachgewiesen. Dieser Ansatz soll nun auf eine digitale Plattform übertragen werden und als Tool-Box alle Werkzeuge enthalten, aus denen genau auf den jeweiligen Bedarf abgestimmte Programme zusammengestellt werden können. Dazu gehören digitale Fragebögen, um die Gesundheits- und Lebenssituation zu erfassen, und sogenannte Wearables, die Leistungsfähigkeit sowie Bewegungs- und Aktivitätsfortschritte messen und anzeigen. „So erreichen wir eine individuelle, zeit- und ortsunabhängige Betreuung, die die Teilnehmenden genau dort abholt, wo sie stehen und dazu motiviert, ihre Gesundheitssituation aktiv zu verbessern“, stellt der Sportmediziner fest.
Ganz gezielt wollen die Mediziner auf die Leberkrebsprävention eingehen. „Allein in Deutschland haben etwa 20 Millionen Menschen meist aufgrund starken Übergewichts eine nicht-alkoholische Fettleber“, sagt Wedemeyer. Unbehandelt kann aus einer nichtalkoholische Fettleber-Erkrankung (NAFLD) eine Entzündung entstehen. Diese kann wiederum zu einer Leberzirrhose führen, welche das Risiko einer Tumorbildung erhöht. „Bei der nichtalkoholischen Fettleberentzündung kann Leberzellkrebs jedoch auch auftreten, bevor eine Zirrhose vorliegt, deshalb müssen wir möglichst früh eingreifen“, betont der Gastroenterologe. „Und wenn die Menschen sich ausreichend bewegen, werden auch ihre Leberwerte besser.“ Die Kombination aus passgenau zugeschnittenem Bewegungstraining, Vorsorgeuntersuchungen und medizinischer Beratung soll helfen, die steigende Zahl von NAFDL-Fällen zu verringern und so auch das Krebsrisiko zu reduzieren.
Damit der Ansatz nicht nur in Deutschland funktioniert, sondern auch international übertragbar ist, wird bei PIECES ein Maßnahmenpaket an verschiedenen Kohorten in ganz Europa untersucht. „Unsere Tool-Box soll am Ende nach dem Baukastenprinzip so kombinierbar sein, dass für jede Person, egal welchen Geschlechts, welcher Nation, welcher körperlichen Voraussetzung und welcher Wohnsituation das passende Präventionsprogramm zusammengestellt werden kann“, sagt Tegtbur.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der Medizinischen Hochschule Hannover.
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